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Freudiger Lobgesang

Festkonzert zum 100. Geburtstag Wilhelm Ehmanns

Von Ruth Matthes (Text und Foto)
Herford (HK). Viele Tage und Nächte verbrachte Wilhelm Ehmann in der Münsterkirche, um mit seiner Westfälischen Kantorei die Platten aufzunehmen, die später den Ruhm des Chores begründeten. Deshalb hatte die Hochschule auch diesen Ort für das Gedenkkonzert zum 100. Geburtstag ihres Gründungsrektors ausgewählt.

Wie Landeskirchenrätin Karin Moskon-Raschick in ihrem Grußwort erklärte, habe sich Ehmann (1904 bis 1989), der von 1948 bis 1972 die Geschicke der Schule leitete, um die westfälische Kirchenmusik verdient gemacht, indem er in seiner Ausbildung hohe Qualitätsstandards gesetzt und damit das Berufsbild des Kirchenmusikers aufgewertet habe. Zudem sei er ein Pionier der historischen Aufführungspraxis gewesen. »Mit der von ihm gegründeten Westfälischen Kantorei, die auf ihren internationalen Konzertreisen enthusiastisch gefeiert wurde, hat er den Namen Herfords in die Welt getragen«, ergänzte Ehmanns Nachfolger Prof. Dr. Rolf Schönstedt. Er betonte auch die Bedeutung Ehmanns als Herausgeber unzähliger Bläser- und Chor-Noten im Bärenreiter-Verlag.
Wie Moskon-Raschick erklärte, prägte der Musiker nicht nur mit seiner Ausdruckskraft, er war auch geprägt: so zum Beispiel durch die volksverbundene Singbewegung. Auch der in der NS-Zeit herrschenden Ideologie habe er sich nicht entzogen. »Ein Fakt, den wir als Teil des Gesamtbildes feststellen müssen«, so Moskon-Raschick. Dieses Thema habe die Ehmann-Ausstellung im Jahre 1999 aufgearbeitet. Heute gehe es vielmehr um den Künstler von hohem Rang, der in den 50-er und 60-er Jahren die Musik auch als ein Mittel gesehen habe, zur Versöhnung der Völker beizutragen.
Das Programm des Konzertes, das von freudigen und weihnachtlichen Melodien geprägt war, repräsentierte die Schwerpunkte der Forschungs- und Chorarbeit des Jubilars. So stand denn auch die Chor- und Bläserarbeit im Vordergrund. Gleich zu Beginn bewiesen Prof. Hildebrand Haake und der Chor der Hochschule, dass auch heute in Herford noch hervorragende Chorarbeit geleistet wird.
Der erste Programmteil widmete sich den Lieblingen Ehmanns: Schein, Scheidt und Schütz. Der Chor überzeugte mit zwei beweglich und klangschön gestalteten Motetten von Schütz, Münsterkantor Stefan Kagl, der später noch mit einer virtuosen Choralpartita von Distler brillierte, stellte Scheidt als Orgelkomponisten vor und die Gesangsdozenten Hartmut Ernst (Bass) und Dorothea Ohly (Mezzosopran) sowie Wolfgang Tiemann (Tenor) und Kirsten Iltgen (Sopran) präsentierten drei reizvolle kleine geistliche Konzerte von Schein und Schütz. Als einfühlsame Orgel-Begleiter waren Helmut Fleinghaus und Jörg-Neithardt Keller zu hören.
Der Bläserkreis Bochum unter Leitung von Ehmann-Schüler Karl-Heinz Saretzki verbreitete mit dem Choralkonzert »Christ unser Herr zum Jordan kam« von Schein fülligen Wohlklang in der Kirche. Ganz anders, aber nicht weniger überzeugend ertönten die Bläser bei Burghard Schloemanns eindringlicher »Meditation« und Heinrich Ehmanns aufwühlenden Variationen über »Verleih uns Frieden« mit Schönstedt an der Orgel. Gemeinsam mit den Bläsern der Hochschule unter Leitung von Monika Hofmann und gesanglich unterstützt von den Besuchern spielten sie außerdem eine Choralpartita des Hochschulmitbegründers Johannes H.E.Koch. Der Chor begeisterte noch einmal mit zwei nuanciert gestalteten Mendelssohn-Chören, bevor alle Akteure, die im Laufe des Abends sämtliche Emporen der Kirche genutzt hatten, sich zum freudigen Lobgesang »Puer natus« vereinigten.

Artikel vom 06.12.2004