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Plagiat-Detektiv macht
das Abschreiben riskant

Paderborner Entwicklung spürt Internet-Vorlagen auf

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Das bequeme Abschreiben aus dem Internet könnte jetzt vorbei sein. Eine Paderborner Entwicklung macht das vor allem unter Schülern und Studenten verbreitete Schummeln bei Seminar- und Examensarbeiten zum gefährlichen Risiko.

Such-Programme zum Aufspüren von Texten aus dem Internet gibt es schon seit vielen Jahren. Kein System aber arbeitet so verlässlich und genau wie der »Plagiarism Finder« des Paderborner IT-Spezialisten Gunter Wielage. »Bei einem internationalen Vergleichstest hat unser Programm die beste Trefferquote erbracht«, verweist der 31-jährige Vorstand der »Mediaphor Software Entertainment-AG« an der Detmolder Straße in Paderborn mit berechtigtem Stolz auf die eigene Entwicklung. »In achtzig Prozent der Fälle können wir die Herkunft der Texte nachweisen.«
Eine beeindruckende Zahl, die bei der Routine-Überprüfung einer Arbeit so gut wie jedes »abgekupferte« Exemplar heraus filtert. »Wir arbeiten so ähnlich wie eine Meta-Suchmaschine«, erläutert Wielage sein System. Aus dem zu überprüfenden Text werden kurze Sequenzen von etwa sieben aufeinander folgenden Wörtern mit bereits im Internet vorhandenen Aufsätzen verglichen. In drei bis fünf Minuten listet der Computer gleichlautende Texte aus dem Internet auf. Der Nachweis, dass dabei nur plump abgeschrieben wurde, ist für den Prüfer so ein Kinderspiel.
Nach nur wenigen Monaten hat sich die Paderborner Entwicklung bereits zu einem echten Verkaufsschlager gemausert. Fast 1000 Programme hat Wielage bisher vor allem an Schulen und Universitäten verkauft, wozu auch der relativ geringe Preis von 98 Euro beigetragen hat. Zu den interessierten Nutzern des Systems gehört zum Beispiel Dr. Hartmut Lenhard, der Leiter des Studienseminars II in Paderborn, an dem Referendare für den Schuldienst an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs ausgebildet werden. »Wir haben Herrn Wielage eingeladen und ihm als Versuchsobjekt einen eineinhalb Seiten langen Text mit Passagen aus dem Internet vorgelegt«, schildert er den Praxisfall. »Die Erfolgsquote war sehr hoch. Das Programm hat fast alle Plagiatstellen rausgekriegt - das hat mich überzeugt!«
Das Abschreiben aus dem Internet ist nach Lenhards Erfahrungen vor allem in den weiterführenden Schulen weit verbreitet. Referate und Hausarbeiten hätten zumeist eine so allgemeine Aufgabenstellung, dass die Übernahme ganzer Textpassagen oder sogar einer kompletten Arbeit aus dem Netz möglich sei. Der geistige Diebstahl werde zunehmend zum Problem. Lenhard: »Bei Schülerarbeiten ist auf jeden Fall eine deutliche Zunahme zu verzeichnen.« Dabei seien die Konsequenzen bei einer nachgewiesenen Täuschung klar: die jeweilige Arbeit müsse mit »ungenügend« benotet werden. Seien nur Teile abgeschrieben, könne der Rest gewertet werden. Abgesehen von der Bewertung könnten auch Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen gegen den Plagiator eingeleitet werden.
Der »Plagiate-Finder« aus Paderborn sei derzeit der einzige, der problemlos auch in Schulen eingesetzt werden könne«, betont Wielage. Herkömmliche Produkte seien kompliziert und sehr teuer. »Ich habe mich immer schon darüber geärgert, dass sich entsprechende Suchdienste ihre Arbeit zum Teil per Stundenhonorar fürstlich bezahlen lassen. Unser System kann jeder Lehrer am Gymnasium einsetzen.« Mittlerweile fragten schon Studenten bei ihm an, erzählt Wielage. »Die wollen vielleicht vorab ihre Arbeiten durchchecken, ob die abgeschriebenen Stellen auffallen.«

Artikel vom 15.12.2004