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»Versetzung ist reine Schikane«

Wachmann ins Sauerland geschickt

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). »Mitarbeiter sind keine Schachfiguren, die man hin und her schieben kann«, meint der Paderborner Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Heinrich Plückebaum. Er vertritt einen unbequemen Arbeitnehmer, der sich von seinem Chef nicht alles bieten lässt.

Siegfried J. war früher Polizist. Heute ist er Wachmann und seit drei Jahren bei einem privaten Sicherheitsdienst mit Firmensitz in Bonn tätig. Für durchschnittlich 312 Euro Monatslohn bewachte der Altenbekener vier Stunden täglich das Heinz Nixdorf-Museums-Forum (HNF) in Paderborn.
Schnell merkte er, dass sein Arbeitgeber, die Interschutz GmbH, »nicht nach Tarif bezahlte. Urlaubs- und Weihnachtsgeld gab's auch nicht«, sagt er. »Als ich Auskunft wollte, haben die mir gleich die Kündigung geschickt.« Das war im Frühjahr 2003 - angeblich aus betriebsbedingten Gründen. Im HNF könnten nicht mehr so viele Wachleute eingesetzt werden, und das Computer-Museum sei das einzige Interschutz-Objekt in einem Umkreis von 250 Kilometern.
Siegfried J. erhob Kündigungsschutzklage. Mit Urteil vom 31. März dieses Jahres gab das Arbeitsgericht Paderborn ihm Recht. Das betriebliche Erfordernis sei unzureichend begründet, der Kläger habe Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Lohnzahlung, heißt es in dem Urteil.
Die Retourkutsche des Arbeitgebers ließ nicht lange auf sich warten. Sie lehnte eine Weiterbeschäftigung in Paderborn ab und wies dem Mann einen neuen Job im Drahtmuseum Altena zu.
»Das ist 155 Kilometer weit weg - unzumutbar, reine Schikane«, ist Siegfried J. überzeugt. Er trat seinen Dienst nicht an und verlangte trotzdem seinen Lohn.
»Bei seiner vier-Stunden-Beschäftigung verbrächte mein Mandant genau so viele Stunden im Auto wie am Arbeitsplatz«, macht sein Anwalt Heinrich Plückebaum deutlich. Die Fahrzeit für die einfache Strecke betrage eine Stunde, 53 Minuten.
Da Interschutz in Paderborn auch Mitarbeiter beschäftige, die näher am Sauerland wohnten, sei bei der Versetzung die falsche Sozialauswahl getroffen worden. Allerdings behält sich der Arbeitgeber im Anstellungsvertrag ausdrücklich eine jederzeitige Versetzung vor. Der Mitarbeiter habe keinen Anspruch auf einen bestimmten Dienstposten.
Jetzt muss das Arbeitsgericht erneut entscheiden.

Artikel vom 02.12.2004