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Rätsel gibt das Gips-Portrait auf dem Dachboden, an einer Außenseite des Gewölbes, auf.

Drachen lauern in
dem alten Gewölbe

Der Saal des alten Kreishauses wird saniert

Von Rainer Grotjohann (Text)
und Curd Paetzke (Fotos)
Herford (HK). An der Westseite spreitzt der preußische Ader seine Schwingen, von Osten aus wirft ein Fabelwesen düstere Blicke in den Saal, die vertikalen Holzrippen an Nord- und Südseite des Tonnengwölbes tragen kunstvolle Verzierungen. Fast ein halbes Jahrhundert waren diese Schätze über einer hässlichen, abgehängten Decke verschwunden. Jetzt werden sie wieder sichtbar gemacht; im Sitzungssaal des alten, 1900 fertiggestellten, Kreishauses sind Restauratoren am Werk.

Dieter Moneke vom Paderborner Unternehmen Böddeker & Schlichting ist mit einem Kollegen seit vier Wochen dabei, dem Tonnengewölbe wieder seinen alten, etwas düster-sakralen Glanz zu verleihen. Mit dem Restaurieren der weitestgehend unversehrten Stuckarbeiten, dem (Teil-)
Wiederherstellen der Holzverplankung und dem Nachmalen der Blumenmotive auf dem dunkelgebeitzten Weichholz hofft er, bis Weihnachten fertig zu werden.
Die Fachleute werkeln auf einer Bühne in Höhe der vor Monaten entfernten Zwischendecke. Und zwar ausschließlich im Schein von Bauscheinwerfern: Die Fensterfront nach Osten ist mit Brettern vernagelt. Die etwa sieben Meter hohen bleiverglasten Fensterelemente werden zur Zeit in einem Lemgoer Fachbetrieb restauriert.
Lothar Bekemeier, verantwortlich für das Immobilienmanagement beim Kreis, und sein Mitarbeiter Dipl.-Ing. Andreas Heistermann loben unisono die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege. Und freuen sich, dass mit der umfangreichen Sanierung Bausünden der 50er Jahre revidiert werden.
Beim Blick auf die Details in der Gewölbezone des neun mal acht Meter großen Raums kommt auch Wolfgang Silger vom Kommunalarchiv ins Schwärmen - und ins Grübeln. Bislang hat er nicht herausfinden können, warum das Wappen der Stadt Vlotho gleich zweimal in den Stuckverzierungen auftaucht. Rätsel gibt auch ein aus Gips gearbeitetes Portrait an der Außenseite des Gewölbes, in Fußhöhe auf dem Dachboden auf. »Da haben sich wohl die Handwerker einen Scherz erlaubt«. meint Bekemeier. Welche Funktion ein (inzwischen verschwundener) Mini-Balkon an der Westseite hatte, ist auch nicht mehr zweifelsfrei zu klären.
Wie der Bereich der geraden Wände unterhalb des Gewölbes ausgestaltet wird, soll erst nach dessen Restaurierung entschieden werden. »Wir müssen sehen, wie das Gewölbe dann wirkt«, meint Heistermann. Denkbar wäre heller Putz als reizvoller Kontrast zu dem eher düsteren Holz des Gewölbes. Das wird auch von der künftigen Nutzung abhängen, angedacht ist eine kombinierte Nutzung als Konferenz- und Repräsentationsraum
Die Restaurierungskosten belaufen sich auf etwa 250 000 Euro, davon trägt das Land die Hälfte. Zuvor waren Dach und Fassade des alten Kreishauses saniert worden, für insgesamt 400 000 Euro.

Artikel vom 30.11.2004