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Königinnen bleiben zahm

Uni-Studiobühne : »Maria Stuart«

Von Andrea Pistorius
Paderborn (WV). Das Duell der Königinnen bleibt aus. In Hans Moellers Inszenierung von Friedrich Schillers Trauerspiel »Maria Stuart« an der Studiobühne der Universität ist allein die schottische Monarchin stolz und hochmütig bis zuletzt. Ihre englische Kontrahentin Elisabeth dagegen nimmt krank und müde von Anfang an die Verliererrolle ein.

Mit seinem Verständnis der beiden königlichen Persönlichkeiten nimmt Regisseur Moeller dem Drama jene sich zuspitzende Spannung, die in der Begegnung der beiden machtbewussten Herrscherinnen gipfelt und in der Hinrichtung Marias endet. Er lenkt stattdessen den Blick auf die ausschließlich männlichen Berater und Begleiter der beiden Frauen, auf deren politisches und amouröses Ränkespiel und ihre charakterlichen Entwicklungen. Dabei wachsen die Darsteller der Studiobühne über ihre Aufgabe, eine Nebenrolle mit Leben zu füllen, deutlich hinaus.
Robert Leinfellner als Graf von Leicester erscheint als berechnender Galan, der in Sprache und Bewegung geschmeidig seine Zuneigung nach persönlichem Kalkül auf beide Königinnen verteilt. Entlarvend ist die Szene, in der er Elisabeths Arm stützt, während er Maria mit seinen Augen verschlingt.
Einen knallharten, kompromisslosen Machtmenschen verkörpert René Adamek in der Rolle des Baron von Burleigh. Nur Elisabeth kann ihm nützen, Maria empfindet er als Bedrohung. Ein kluger Verstand und ein mildes Herz zeichnen den Grafen von Shrewsbury in der Darstellung von Hans-Gilbert Reuß aus. Seinen Bruch mit der englischen Königin vollzieht er eher beiläufig als theatralisch. Als jugendlicher Heißsporn tritt Mortimer, gespielt von Andreas Dierkes, in Erscheinung. Seine Leidenschaft für Maria mündet geradezu zwangsläufig im frei gewählten Tod.
Den stärksten Beifall schenkte das Premierenpublikum am Donnerstagabend Antje Tarampouskas in der Titelrolle. Sie lässt die Schottin über deren gewaltsamen Tod hinaus als Siegerin aus dem Machtkampf der Königinnen heraus treten. Ergreifend ist die Beichtszene, in der Maria, die den Menschen trotzt, allein vor ihrem Gott die Knie beugt.
Birgit Noll nimmt die Herausforderung, neben der stolzen Konkurrentin als amtsmüde Elisabeth zu bestehen, mit zunehmender Bühnenpräsenz an. Die tragische Entwicklung ihres Schicksals treibt sie dynamisch voran.
Das eigentlich Überraschende an dieser Inszenierung der experimentierfreudigen Studentenbühne ist die klassische Präsentation in der Originalsprache und in geschichtlichen Bezügen. Hans Moeller betont das Wort, die Handlung beschränkt sich auf das Notwendigste. Entsprechend hält sich die Kulisse (Daniel Marrée) zurück, verliesartige Bretterwände müssen genügen. Die Kostümbildnerinnen dagegen (Beate Jürgenliemke, Irina Sentjabowa) durften in Renaissance-Moden schwelgen.
Neun weitere Aufführungen sind vom 27. November bis 21. Dezember geplant. Karten sind im Ticket-Center erhältlich.

Artikel vom 27.11.2004