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Hammer schlägt im Rekordtakt

Zahl der Zwangsversteigerungen hat sich seit 2000 verdoppelt

Von Bernd Bexte
Herford (HK). Die wirtschaftlich angespannte Situation lässt immer mehr Träume vom Eigenheim oder unternehmerischem Erfolg platzen. Die Zahl der Zwangsversteigerungen am Amtsgericht wird in diesem Jahr eine neue Höchstmarke erreichen. »Zum Ende des Jahres werden es voraussichtlich 130 sein. Das sind doppelt so viele wie im Jahr 2000«, sagt Norbert Meerhoff, zuständiger Rechtspfleger am Amtsgericht.

Gut zwei Drittel der Fälle betreffen eine Versteigerung von Privateigentum, ein knappes Drittel sind Gewerbeimmobilien. »In beiden Bereichen sind die Zahlen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.« Wurden 2000 im Amtsgerichtsbezirk Herford (Herford, Enger, Spenge, Hiddenhausen) noch 63 Zwangsversteigerungen angeordnet, waren es 2001 schon 95, ein Jahr später 106 und im vergangenen Jahr 118.
Für heimische Kreditinstitute kommt diese Entwicklung nicht überraschend - trotz der seit zwei Jahren strengeren Kreditvergaberichtlinien: »Die meisten Fälle beziehen sich auf Kreditnehmer, die noch unter den alten Konditionen ein Darlehen bekommen haben«, sagt Heinz-Werner Neumann von der Sparkasse. Dies kann Achim Breder von der Rechtsabteilung der Volksbank bestätigen: »Die meisten schaffen die ersten fünf sechs Jahre. Doch wenn sich längerfristig die Rahmenbedingungen verändern - sei es Scheidung oder Arbeitslosigkeit -, geht es finanziell nicht mehr weiter.« Nach Auskunft von Meerhoff seien in den vergangenen Wochen zwar etwas weniger Zwangsversteigerungen angeordnet worden, das habe aber nichts mit einer wirtschaftlich verbesserten Lage zu tun. »Die Banken stellen jetzt vor der Weihnachtszeit keine Anträge mehr«, hat er im Gespräch mit Bankenvertretern erfahren. »Es gibt da so eine Art informelle Schonfrist«, erklärt Breder. Für die Kreditinstitute ist die Entwicklung aus einem weiteren Grund unerfreulich: Die Erträge aus den Versteigerungen werden immer geringer. »Eine Eigentumswohnung kommt nur selten für mehr als 50 Prozent des Verkehrswertes unter den Hammer, Gewerbeimmobilien gehen gar nicht«, sagt Meerhoff. Nur gute Wohnhäuser erreichten mehr als 80 Prozent des Verkehrswertes. »Das lief früher schon mal viel besser.« Auf dem Zwangsversteigerungsmarkt herrscht halt ein Überangebot. »Der Wohnungsmangel vergangener Jahre ist passé«, sagt Breder.
Noch gravierender ist übrigens der Anstieg bei den Zwangsverwaltungen. Diese werden zur Eintreibung von ausgebliebenen Mieteinnahmen angeordnet. Die Fallzahlen stiegen vom Jahr 2000 bis heute von acht auf gut 70.

Artikel vom 23.11.2004