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»Die Lasten gemeinsam tragen«

Christkindlmarkt: Auch caritative Vereine sollen Standgebühr bezahlen

Rheda-Wiedenbrück (dibo). Alle Jahre wieder...beschert der gemütliche Wiedenbrücker Christkindlmarkt seinen vielen tausend Besuchern ein groß angelegtes Vier-Wochen-Programm. Und das kostet.

Nun mag mancher Gast die Beschaulichkeit vermissen, die Märkte dieser Art als Hinführung auf die Geburt Christi am 24. Dezember sowieso längst nicht mehr haben. Wer Spiritualität erfahren, wer in sich gehen und auf das Geheimnis von Weihnachten einlassen möchte, der sollte die Aegidius-Kirche gleich nebenan aufsuchen.
Bei allem Kommerz aber bietet der Christkindlmarkt nicht nur den Glühwein- und anderen Verkäufern ein willkommenes Forum für ihr gutes Geschäft. Auch der caritative Gedanke kommt seit jeher nicht zu kurz. Stände der Indienhilfe, des Togo-Fördervereins, der Heidbrinkschule oder der Eine-Welt-Initiative der St. Aegidius-Gemeinde, die das Markt-Geschehen bereichern, sammeln mit großem Erfolg für viele gute Zwecke rund um den Erdball. Dass die Ehrenamtlichen jetzt vom Gewerbeverein Wiedenbrück mit einem Standgeld belegt werden, stößt dem Betrachter im ersten Moment sauer auf. »Wo bleibt denn da die Mitmenschlichkeit?«, mag man sich fragen. Steht hier gar der Umsatz über dem Elend der Ärmsten? Zumindest dem Togo-Förderverein scheint dieser Gedanke noch nicht gekommen zu sein, zahlt er doch schon lange sein Standgeld - und freut sich gleichzeitig, dank einer großen Tombola locker fünfstellige Beträge für die Freunde in Afrika zusammen bringen zu können.
Der Förderverein der Heidbrinkschule indes hat die diesjährige Teilnahme am Christkindlmarkt abgelehnt, nachdem der Gewerbeverein Standgeld in Höhe eines kleinen vierstelligen Betrages (angeblich 1200 Euro; professionelle Marktbeschicker zahlen das Mehrfache) eingefordert hatte. »Das rechnet sich für uns nicht mehr«, erklärte Schulleiter Eckhard Plöger. Und so fand der Verein mit einem Basar für gebastelte Präsente im Schulgebäude an der Heidbrinkstraße eine »Ersatzlösung, die uns nicht leicht gefallen ist«. Man sei auf die Verkaufserträge angewiesen, um manches zu finanzieren, wofür es im Stadtsäckel kein Geld mehr gebe. Dennoch seien die Förderer dankbar, dass sie sich in den vergangenen 12 Jahren (im Wechsel mit der Indienhilfe, Anm. der Red.) am Christkindlmarkt hätten beteiligen können.
Der Gewerbeverein, so Vorsitzender Michael Ebeling gegenüber dem WESTFALEN-BLATT, sei wiederum darauf angewiesen, dass alle Beteiligten auch gemeinsam die Lasten tragen und die Gemeinschaft nicht am Ende auf einem Minus sitzen bleibt. Wohlgemerkt: Für die Ausrichtung muss der Gewerbeverein rund 200 000 Euro bewegen. Wachdienst, eine verbesserte Stromabsicherung, Bestuhlung für die Kindervorführungen - all das kostet. Während beispielsweise Chöre früher für ein »Vergelt's Gott« auf die Bühne traten, werde heute gleich nach der Gage gefragt.
Und nun? Ein Förderkreis professioneller Marktbeschicker könnte es sich zur Aufgabe machen, die Standgebühren - wenigstens teilweise - zu finanzieren. Wäre ein schönes Zeichen der Solidarität, viereinhalb Wochen vor Weihnachten.

Artikel vom 23.11.2004