23.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schwarzer Peter
in Holzminden?

Glas' Verdacht im Spiegel bestätigt

Von Dunja Henkenjohann
Werther/Berlin (WB). Nachdem die Firma »4 S-Marketing« Anfang November Klage gegen die Stiftung Warentest eingereicht hatte (wir berichteten), schätzen die Geschäftsführer Michael Sander und Rene Strothmann ihre Gewinnchancen höher ein als je zuvor. Der Grund: Ein Artikel in der jüngsten Ausgabe des Magazins »Der Spiegel«, der die Unabhängigkeit und Neutralität des Testinstituts Dr. Schrader in Frage gestellt.

Für Michael Sander ist der Artikel »eine Sensation«. Zum ersten Mal sei es gelungen, das Institut, das für die Stiftung Warentest arbeitet, offiziell zu indentifizieren, sagte der Wertheraner gestern dem WESTFALEN-BLATT. Das habe noch nicht einmal die von ihm beauftragte Wirtschaftsdetektei »Control Risk« geschafft.
Sander sieht seine Vermutung, dass das von Warentest beauftragte Institut unseriös arbeitet, bestätigt. Nachdem seine Firma vom mangelhaften Ergebnis der Uschi-Glas-Creme erfahren hatte, hat Sander das Institut Dr. Schrader beauftragt, eine andere Hautcreme zu untersuchen. »Wir wollten deren Testmethoden kennen lernen«, erklärt er.
Der 30-Jährige stellt dem Institut mit Sitz in Holzminden ebenfalls ein mangelhaftes Zeugnis aus: Schrader befinde sich nicht nur - wie auch der Spiegel berichtet - in einem Interessenskonflikt, weil es nicht nur Cremes teste, sondern auch herstelle. Es soll laut Sander auch unsauber arbeiten.
Ein von Dermatologen bestätigtes fünfseitiges Kritikpapier untermauert die Vorwürfe, das an Probanden mit Hautkrankheiten oder unter Medikamenteneinfluss getestet worden oder Diagnosen am Telefon gestellt worden sein sollen. Initialen einiger Probanden passen angeblich nicht zu den Auswertungsdaten.
Und warum das alles? Michael Sander schließt nicht aus, dass jemand seine Freude dran haben könnte, Uschi Glas Schaden zuzufügen. Er zumindest sieht die Verantwortlichkeit für das desaströse Ergebnis für die Creme, die seine Firma entwickelt hat, vielmehr beim Institut Dr. Schrader als bei der Stiftung Warentest.
»Wir arbeiten seit über 20 Jahren gut mit dem Institut Dr. Schrader zusammen«, betonte Warentest-Sprecherin Heike van Laak gestern. Dass das Institut auch Cremes herstelle, sei der Stiftung bekannt gewesen. Das sei nicht ungewöhnlich und ein entscheidender Vorteil, so Laak: »Ein Institut, das am Markt agiert, hat ein ganz anderes Wissen.« Um die Sicherheit zu gewährleisten, habe Schrader eine Neutralitätserklärung unterschreiben müssen, dass es zwei Jahre lang keine Entwicklungsarbeit für Gesichtscremes geleistet habe. Außerdem seien alle zu testenden Cremes vor dem Eintreffen im Labor anonymisiert worden. Heike van Laak: »Wir haben gar keinen Grund, an der Zuverlässigkeit Schraders zu zweifeln.«
Das Institut Dr. Schrader wolle zu der Sache keinen Kommentar abgeben, ließ unterdessen Juniorchef Dr. Andreas Schrader auf Anfrage des WESTFALEN-BLATTes ausrichten.

Artikel vom 23.11.2004