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Reform-Elan der siebziger
Jahre flammt wieder auf

Ursula Engelen-Kefer bei Jubilar-Ehrung der IG Metall


Kreis Gütersloh (rec). Falls die Hartz-IV-Reformen die Kassen der Städte und Gemeinden entgegen aller Erwartung nicht entlasten sollten, muss das geprüft und korrigiert werden. »Die Kommunen müssen mehr Geld haben. Die Summe der öffentlichen Investitionen muss höher werden«, forderte Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts Bundes (DGB), während einer Jubilarfeier der IG Metall-Senioren in der Gaststätte Kreutzheide in Rietberg-Westerwiehe.
Das Geld müssten die Kommunen vor allem in Bildungsangebote investieren. »Wenn 20 Prozent eines Jahrganges nicht mal mehr den Hauptschul-Abschluss schaffen, dann tickt eine Zeitbombe. Dauer-Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg sind dann programmiert«, stellte Engelen-Kefer fest. Mit der drahtigen, kleinen Frau flammte das Feuer der Arbeits- und Reformkämpfe der siebziger Jahre wieder auf. Auf der einen Seite legten die Unternehmen die besten Quartalszahlen seit Jahrzehnten vor. Auf der anderen Seite forderten sie immer weiteren Personalabbau und drohten mit Arbeitsplatz-Verlegungen ins Ausland. »Das ist schiere Panik-Mache und Verunsicherung. Es wird Zeit, dem einen Riegel vorzuschieben und die Debatte wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen«, wetterte Engelen-Kefer vor mehr als 350 IG Metall-Mitgliedern.
Fast jeden Tag forderten die Arbeitgeber eine weitere Stunde kostenlose Mehrarbeit pro Woche ein: »Bald dürften wir bei der 45-Stunden-Woche sein.« Statt die Anpassung immer wieder nur von den Arbeitnehmern zu verlangen, müsse über flexiblere Zeitarbeitskonten nachgedacht werden. Lebensarbeitszeitkonten etwa, die es jungen Vätern und Müttern erlaubten, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Gemeinsam mit dem Ersten Bevollmächtigten Klaus Brandner versprach sie, die in den siebziger Jahren errungene Mitbestimmung »mit Zähnen und Klauen« zu verteidigen. »Wenn die Unternehmen mehr Flexibilität fordern, dann müssen sie uns auch mehr mitreden lassen.« Der dumpfe Abbau von Personal und Lohnkosten sei der falsche Weg. »Das Denken muss im wieder im Vordergrund stehen, nicht das Kürzen«, sagte Brandner. Die Namen der Jubilare veröffentlichen wir in unserer morgigen Ausgabe.

Artikel vom 22.11.2004