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Erlebnisreiche
Suchexpedition

»Peterchens Mondfahrt« gestartet

Von Manfred Stienecke
Paderborn (WV). Vom Erdstraub befreit haben die Westfälischen Kammerspiele das Märchen »Peterchens Mondfahrt«. Das aktuelle Weihnachtsstück wirkt frisch, peppig und modern.

Das ist zuvorderst das Verdienst der Regisseurin Katarina Kokstein, die aus der etwas altbackenen Geschichte von Gerdt von Bassewitz ein durchaus zeitgemäßes Märchen »gestrickt« hat. Peter und Anneliese, die beiden Kinder, die gemeinsam mit dem Maikäfer »Sumsemann« dessen vom Mondmann mitgenommenes sechstes Beinchen suchen wollen, sind ein aufgewecktes Geschwisterpaar, das vor dem Zubettgehen noch eine Kissenschlacht veranstaltet und sich während des Nachtgewitters gegenseitig durch Phantasiegeschichten ablenkt, bis man endlich wieder in den Schlaf gefunden hat.
Die Reise zum Mond wird so zu einem abenteuerlichen Traumerlebnis. Hier bekommt Andrea Jensen ein dankbares Betätigungsfeld für ihre Kostümentwürfe und das Bühnenbild. Unter glitzerndem Sternenzelt begegnen dem Trio aus dem Kinderzimmer - »Sumsemann« ist natürlich dabei - witzig-skurrile Himmelsfiguren wie der schläfrige Sandmann und die quirligen Brüder »Regenfritz« und »Hagelhans«, die Nachtfee und das Ehepaar »Blitzhexe« und »Donnermann« oder das merkwürdige Duo »August Auge« und »Oskar Ohr«. Das erste Erschrecken der drei Mondreisenden über die köstlich kostümierten Fremdlinge weicht schnell einer freundlichen Neugier, und Schaden nehmen »Sumsemann« und die Kinder natürlich auch beim Schuss mit der Mondrakete auf den Erdtrabanten nicht.
Mit Christian Onciu und Julika Wagner-Hohenlobbese spielen zwei junge Darsteller das Geschwisterpaar, die in jeder Szene glaubhaft das Kindlich-Unerschrrockene verinnerlicht haben und so zu sympathischen Identifikationsfiguren für das Schüler-Publikum werden. Helmut Thiele schlüpft überzeugend in das Käferkostüm des immer etwas ängstlichen »Sumsemann«, der schließlich sein sechstes Beinchen zurückbekommt.
Kammerspiel-Musiker Gerhard Gemke hat eine Reihe pfiffiger Lieder und Melodien zum Stück geschrieben, die er - stilvoll im langschößigen Frack - auf der Seitenbühne live am Klavier begleitet. So erhält die Aufführung stellenweise Musicalcharakter, was für launige Abwechslung sorgt. Den atmosphärischen Rest besorgt eine feine Lichtregie, die das »Sternenreich« zwischen Erde und Mond in glitzernde, schimmernde und nachtdunkle Stimmungen taucht.
Das junge Premierenpublikum bewies am Freitag vorbildliche Konzentrationsfähigkeit und zollte reichlich Schlussapplaus.

Artikel vom 20.11.2004