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Geständnisse vor Millionen

Luisa Froese-Heins »Beichtstuhl« in der MARTa-Kapelle

Von Curd Paetzke (Text)
und Oliver Schwabe (Foto)
Herford (HK). Den »Pappkartons im Dialog« von Mandy Göhler folgt nun ein »Beichtstuhl« von Luisa Froese-Hein: In der MARTa-Kapelle neben der Recyclingbörse ist eine neue Ausstellung zu sehen. Auf kleinstem Raum bietet die Kapelle wiederum Studenten von Fachhochschulen die Chance, sich der Fläche künstlerisch und facettenreich anzunehmen.

Der Beichtstuhl mit seinen verschachtelten Formen, mit einer Liegefläche und mit einem Gitter, das an ein Kreuz ebenso erinnert wie an die Absperrung einer Gefängniszelle und damit an das Gefühl des »Gefangenseins«, ist aber nur ein Bestandteil der Ausstellung. Studenten der Fachhochschule Lippe (Detmold) haben die Kapelle selbst zum Gegenstand von Rauminstallationen gemacht. Elf kleine Modelle der Kapelle werden in den Schaufenstern der benachbarten Recycling-Börse präsentiert.
Hier zeigen die Studenten auf, wie sich die Kapelle eben als Kapelle weiter entwickeln und wie sie gestaltet werden könnte. So weist die Einrichtung einmal abstrakte Formen auf, die wie ein Labyrinth wirken, dann gibt es Bänke, die wie ein Kreuz angebracht sind und es taucht ein Wandbildnis auf, das Michelangelos berühmtes Gemälde aus der Sixtinischen Kapelle aufgreift.
MARTa-Kuratorin Veronique Souben zeigte sich von der Phantasie der Studenten und der Umsetzung der Arbeiten beeindruckt: »Hier ist eine außergewöhnliche Innenarchitektur in vielfältigen Variationen zu sehen.«
Die Kapelle selbst wird von dem Beichtstuhl-Motiv fast zur Gänze ausgefüllt. Erschaffen hat es die Studentin Luisa Froese-Hein aus dem 9. Semester. Prof. Dr. Claus Dreyer, ebenso wie Prof. Verena Wriedt (FH Lippe und Höxter) für die Projektleitung zuständig, sprach bei der Eröffnung der Ausstellung von Beichten, die in der heutigen Zeit in der Gesellschaft gerne abgelegt werden. »Das geschieht häufig vor einem Millionenpublikum im Fernsehen - es ist fast wie eine vermarktungsfähige Handlung.« Auch in Biografien würden immer mehr Autoren eine Beichte ablegen - und damit zur Unterhaltung beitragen oder für Skandale sorgen. »Schon vor diesem Hintergrund«, ergänzte Verena Wriedt, »soll der gezeigte Beichtstuhl zum Nachdenken anregen.«
So ist ein »Beichtvater« auch nirgends in dem Kunstwerk in der Radewiger Straße zu sehen. Eine Leere, die in der Tat nachdenklich stimmt.

Artikel vom 19.11.2004