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Der Nachbar ist oft der beste Kommissar

Raubmord und Unfallflucht: Polizei ist auf Mithilfe aufmerksamer Bürger angewiesen

Von Jürgen Gebhard
Vlotho (VZ). Der beste Kommissar ist oft der aufmerksame Bürger. Nach dem Raubmord an der Sparkasse Valdorf konnten die Täter durch den Hinweis einer Anwohnerin schon nach wenigen Stunden gefasst werden. Doch vielfach sind es die unspektakulären Straftaten, die die Polizei mit Hilfe von »Kommissar Nachbar« aufklären oder im besten Fall ganz verhindern kann.

Unmittelbar nach dem Sparkassen-Mord gab eine Nachbarin den entscheidenden Hinweis: Sie hatte das Nummernschild eines auswärtigen Wagens notiert, der in ihrer Straße auf und ab gefahren war. Die Polizei überprüfte das Kennzeichen und hatte die Täter. »Vorbildlich gemacht«, lobt Vlothos Wachleiter Albert Meier.
»Wem etwas merkwürdig vorkommt, der sollte grundsätzlich umgehend die 110 wählen und uns benachrichtigen - nicht nur bei Kapitalverbrechen«, bittet Meier die Bürgerinnen und Bürger um Aufmerksamkeit und Mitarbeit. Auch kleinste Verdachtsgründe sollten mitgeteilt werden: »Die 110 ist rund um die Uhr besetzt. Wir kommen lieber zehn Mal zu viel als einmal zu wenig raus.« Niemand solle sich scheuen, die Polizei zu benachrichtigen, denn auch bei einem »Fehlalarm« müsse der Anrufer dafür nicht bezahlen.
Weggeschaut wird nach den Erfahrungen der Polizei besonders häufig bei kleineren Delikten. Zum Beispiel, wenn beim Rangieren vor dem Einkaufsmarkt ein Blechschaden verursacht wird und der Verursacher einfach weiterfährt. Albert Meier: »Wer hier nichts unternimmt, sollte daran denken, dass auch sein eigenes Auto so beschädigt werden könnte.« Die Bitte der Polizei: Kennzeichen notieren, Personenbeschreibung und Fahrtrichtung merken.
Nicht weggeschaut hat im Sommer ein Autofahrer, der sich nachts über einen in Schlangenlinien fahrenden Opel wunderte. Per Handy lotste er die Beamten auf den richtigen Weg. Der Kadett versuchte noch die Flucht durch die Fußgängerzone, überfuhr dort einen Absperrpfosten und blieb mit aufgerissener Ölwanne liegen. Die Beamten notierten: reichlich Alkohol im Blut, kein Führerschein, Nummernschild von einem anderem Wagen montiert.
Es war ebenfalls »Kommissar Nachbar«, der der Polizei vor einem Jahr half, einem Drogen-Dealer das Handwerk zu legen, der sich in einer Vlothoer Gaststätte eingerichtet hatte. Dem Tankstellen-Betreiber gegenüber war das Verhalten der jugendlichen Gäste merkwürdig vorgekommen. Der Dealer dealt nicht mehr, die Gaststätte ist geschlossen.
Ein anderer Fall aus der Weserstadt: Einem Nachbarn fielen zwei junge Männer auf, die zu später Stunde an einem Getränkemarkt mit Leergut hantierten. Wie sich später herausstellte, wollten sie die Kisten mitnehmen, um das Pfandgeld zu kassieren.
Im Frühjahr hatten sich Fußball-Hooligans aus Hannover und Dortmund zu einer Schlägerei am idyllischen Bonstapel verabredet. Eine Nachbarin wunderte sich über die auswärtigen Fahrzeuge an einer abgelegenen Straße. Die Polizei schritt ein und verhinderte die Massenkeilerei. »Die Hooligans haben gelernt, dass die Vlothoer sehr aufmerksam sind. Die kommen sicher nicht wieder zu uns«, sagt Wachleiter Albert Meier.

Artikel vom 19.11.2004