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Der Ort der
letzten Ruhe

Kirchhof diente als Gräberstätte

Von Heinz Höpner
Hiddenhausen (HK). Eine lebendige Gemeinde mit einer lebendigen Geschichte: So lässt sich Hiddenhausen treffend beschreiben. Mit dieser Serie werden Geschichten aus längst vergangener Zeit aus Hiddenhausen und Umgebung erzählt. Heute steht der Hiddenhauser Kirchhof im Mittelpunkt.

Jetzt, wo das Kirchenjahr zuende geht und viele auf den Friedhöfen der Verstorbenen gedenken, soll an dieser Stelle über die älteste Hiddenhauser Gräberstätte, die die heutigen Gemeinden Bustedt, Eilshausen, Hiddenhausen, Lippinghausen und Oetinghausen umfasste, den Hiddenhauser Kirchhof, berichtet werden.
Das Alter des Kirchhofes wird das Gleiche wie das der Hiddenhauser Kirche sein, um 800. Viele Menschen haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden. Berichte aus jener Zeit bis etwa 1500 gibt es kaum. Erst von dieser Zeit an tauchen verschiedene Urkunden auf. Demnach lag der größte Teil des Kirchhofes östlich, der kleinere Teil lag südlich von der Kirche. Er umfasste in Höhe der Kirche fast die ganze heutige Löhner Straße, welche um 1890 teilweise verbreitert und ausgebaut wurde. Westlich von der Kirche lag das so genannte Bodenhaus, das zum Adeligen Gute von Hiddenhausen gehörte. Dieses Gut lag nördlich von der Kirche und begann etwa dort, wo der heutige Mauerzaun steht. Gebaut wurde es um 1290 und um 1700 abgerissen. Dazwischen lag der »Spiekergarten« (kleiner Park) des Gutes, welcher im Jahre 1874 von der Kirchengemeinde von dem Gutsbesitzer Franz Friedrich Wolf Oskar von Consbruch (1836-1923) gekauft wurde.
Um 1696, zur Zeit des Pfarrers Franz Christoph Hölscher (1659-1712), wurde durch den Um- und Anbau der Kirche das Kirchenschiff um etwa ein Drittel nach Osten verlängert. Dazu wurde ein Teil des Kirchhofes benötigt. In der Kirche, deren Fußboden noch aus Lehm bestand, waren die Besitzer vom Gut Bustedt, vom Adeligen Gut Hiddenhausen, verschiedene Pfarrer und auch Einzelpersonen begraben. Wie auch heute, so drehte sich früher alles ums »liebe Geld«. Am 15. August 1722 starb mit 61 Jahren in Spenge der »gewesene« Verwalter der Werburg, Wilken Christoph Kisker an »Schlagfluß« (Schlaganfall). Schon zu seinen Lebzeiten hatte er sich für 20 Reichsthaler das Begräbnisrecht in der Hiddenhauser Kirche bei der Äbtissin in Herford - so wörtlich - »für eine Persohn erkaufet«.
Südlich von der Kirche waren die Gräber der meisten Altbauern von den vier Dörfern, später kamen noch die Arröder (Siedler) des Gutes Bustedt dazu.
Östlich der Kirche lagen die Gräber der meisten Leute, der »Heuerlingen, Dienstleuten und Tagelöhnern«.
Im 18. Jahrhundert wurde es durch die ständig wachsenden Einwohnerzahlen schwieriger, leere Grabstellen auf dem Kirchhof zu finden. In der Regel besorgten die Nachbarn die Aushebung des Grabes. Da viele der Gräber nach wenigen Jahren mit Gras zugewachsen waren, passierte es öfters, dass man beim Ausheben des Grabes auf darunter liegende Tote gestoßen war. Ein Register über die Grabstellen gab es noch nicht.
Eine Urkunde stammt von der Kirchen-Visitation vom 20. September 1791. Folgendes wurde damals festgestellt: »Da bey dieser Kirchen-Visitation in Hiddenhausen wahrgenommen wurde, dass auf dem Kirchhofe in Ansehung der Gräber eine große Unordnung eingerissen und fast »Unrath« die selbe verwirket, so wurde überleget, wodurch diese Unordnung wohl am besten abbeholfen werden könne«?
Weiter hieß es dann wörtlich: »Es geschehen deshalb folgende Vorschläge zum Besten der Kirche und des Kirchhofes - erstens müsste der Kirchhof ausgemessen und dann den Eingesessenen aufgegeben werden, ihre Gerechtsame zu den bisher sich zugeeigneten Grabstellen nachzuweisen, zweitens müssten sodann jeden Berechtigten, die ihnen zugeteilten Gräber, jedes zu sieben Fuß angewiesen und darüber ein Register verfertigt werden, drittens die noch übrig verbliebenen Grabstellen könnten meistbietend verkauft werden, so würden dadurch 50 oder mehr Reichsthaler für den Kirchhof gewonnen werden.«
Der Amtsschreiber Hoberg und der damalige Pfarrer Georg Friedrich Seemann (1748-1824) wurden zur sofortigen Ausführung beauftragt und sollten binnen sechs Wochen erstmalig nach Minden berichten. Es wurde nun ein Register angelegt. Nekrologen (Totenbuchschreiber) wurden ernannt, diese mussten nun die Aushebung der Gräber anordnen und überwachen, weiterhin auch die Eintragung in den Registern vornehmen. So wurde nach und nach der Kirchhof wieder in Ordnung gebracht.
Es sollte noch über vierzig Jahre dauern, zur Zeit des Pfarrers Johann Conrad Daniel Kayser (1785-1853), bis auf dem Cantorgelände ein Friedhof im Jahre 1848 eingerichtet wurde.
Es ist der heutige »Alte Hiddenhauser Friedhof«. Der heutige »Neue Hiddenhauser Friedhof« wurde um 1900 eingerichtet. Der Hiddenhauser Kirchhof aber wurde endgültig im Jahre 1875 geschlossen.
Erst in der neueren Zeit entfernte man nach und nach auch noch die vorhandenen Grabsteine, so dass heute nichts mehr an die Gräber des Kirchhofes und damit an frühere Zeiten erinnert.

Artikel vom 20.11.2004