18.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Kriegsverherrlichendes
Stück vorgetragen«

Offener Brief der Grünen zum Volkstrauertag

Versmold (WB). Ein musikalischer Beitrag anlässlich der Veranstaltung zum Volkstrauertag am Mahnmal in der Gartenstraße stößt den Versmolder Grünen übel auf. In einem offenen Brief bitten sie darum, noch einmal darüber nachzudenken, ob das Stück »Ich hatt' einen Kameraden« auch zukünftig gespielt werden soll.
»Am 14. November gedachten wir der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. Diese Gedenktage können die Welt nicht verändern, aber sie beeinflussen unsere Sicht auf die Vergangenheit und unseren Blick in die Zukunft. Aus der Erinnerung an das Leid der Kriege und aus dem Gedenken an die Opfer erwächst der Auftrag, sich für Frieden und Gerechtigkeit für alle einzusetzen.
In diesem Jahr stand die Veranstaltung unter besonderen Vorzeichen, denn erstmals wurde der Tag von Deutschen und Polen unter dem Motto »Trauer gemeinsam tragen« gemeinsam ausgerichtet. Hier sehen wir einen Hoffnungsschimmer für uns, mehr als 65 Jahre nach Beginn des 2. Weltkrieges, nach dem Tod von Millionen unschuldiger Menschen. Hier wurde nicht »unser« Volkstrauertag begangen, sondern ein echtes Zeichen der Versöhnung gesetzt.
Aber wie es scheint, kein Licht ohne Schatten. Noch immer war ein Programmpunkt Bestandteil der Veranstaltung: der Vortrag des Musikstücks ÝIch hatt' einen KameradenÜ von Ludwig Uhland. Es ist befremdend, dass ein Stück vorgetragen wird, das auf Grund seiner Vergangenheit als kriegsverherrlichend eingestuft werden muss. Böse Erinnerungen werden wach, als dieser Gedenktag ab 1933, nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, zum »Heldengedenktag« wurde. Die inhaltliche Bedeutung bezog sich nun auf die Verherrlichung der »Helden« und nicht auf die Trauer um die Gefallenen. Dies scheint uns nicht der richtige Weg zu einer völkerverständigenden Begehung des Gedenktages. Sollte es noch immer nicht möglich sein, die Opfer der ehemaligen Kriegsgegner in die Trauer einzubeziehen, hätten wir die bittere Lektion des letzten Krieges nicht verstanden.
Wir wollen ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Völkern mit aller Kraft fördern. Es gehört zu unseren Aufgaben, der nachwachsenden Generation die schrecklichen Erfahrungen der Vergangenheit weiterzugeben, damit diese sich niemals wiederholen. Diese nachwachsende Generation hat viele Nationalitäten. Wir hoffen, dass dieser Programmteil für die Zukunft noch einmal überdacht wird. Wir halten die Diskussion darüber für notwendig, damit der Volkstrauertag seinem Namen gerecht wird.«

Artikel vom 18.11.2004