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Chefarzt Dr. Kirchner moderierte die Diskssion.

»Gold-Standard« ist
noch nicht gefunden

Abend über Knochenbrüche und Implantate

Herford (HK). »Frakturen am coxalen Femurende« (in Nähe der Hüftgelenke) waren das Thema einer Fortbildung, zu der sich beim Klinischen Abend der Chirurgie im Mathilden Hospital Ärzte und interessierte niedergelassene Kollegen trafen. Mit von der Partie waren bei der von der Ärztekammer Westfalen-Lippe zertifizierten Veranstaltung darüber hinaus auch Schwestern und Pflegekräfte sowie Physiotherapeuten.

In drei Vortragsblöcke mit je 20 Minuten Dauer und anschließender Diskussion beschäftigten sich die Anwesenden mit dem Thema des Abends. Im ersten Block gab Assistenzarzt Dr. Mohammadian einen Überblick über die gängigen Fraktureinteilungen, um die theoretischen Grundlagen für die operative Stabilisierung der Brüche durch geeignete Metallimplanate zu erarbeiten.
Den zweiten Teil bestritt der leitende Oberarzt Dr. Lazar mit der Vorstellung von sechs Fällen. Eine der Patientinnen war bereits 100 Jahre alt. Sie musste auf Grund hüftgelenksnaher Brüche sofort versorgt werden, um ausreichende Mobilität zu erreichen. Bei verlängerter Bettlägerigkeit hätte die Gefahr von Folgeproblemen, wie Venenthrombose oder Lungenentzündung, bestanden.
Den zweiten Vortragsblock bestritt der Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik Göttingen, Dr. Hans-Michael Klinger.
Er richtete das Hauptaugenmerk darauf, welche Versorgungsinstrumente bei welchen Brüchen eingesetzt werden müssen, um so die ausreichende Stabilität und sofortige Belastbarkeit erreichen zu können. Diese steht vor allem für den älteren Patienten im Vordergrund.
Dr. Klinger betonte, dass so genannte »intrameduläre Kraftträger« (nagelbasierte Implantate) auch bei instabilen Brüchen zur Sofortbelastung führen, wogegen von außen aufgeschraubte Plattensysteme zwar einfacher einzubringen seien, aber nicht für jeden Fraktur-Typ die ausreichende Stabilität bringen würden.
Im letzten Vortagsblock stellte Oberarzt Dr. Thomas von Garell von der Unfallchirurgischen Universitätsklinik in Marburg die möglichen Komplikationen bei der operativen Versorgung und die Gegenmaßnahmen vor, in dem er ausführlich auf die Fraktureinteilung und die davon abgeleitete Implantatwahl einging.
Mit dieser Taktik, sich bereits im Vorfeld zu rüsten, sollen intraoperative Probleme und Umsteigeoperationen vermieden werden können. Auch die nach der Operation beobachteten Probleme, etwa Bruch der Implantate oder Auswanderung aus dem Knochen, könnten seiner Meinung nach auf diese Weise vermieden werden.
In Fällen, in denen die Knochensubstanz nur grenzwertige Versorgungen zulässt, ließ Dr. von Garell Ausweichmöglichkeiten erkennen und stellte dies offen dar.
In der regen Diskussion, moderiert von Chefarzt Dr. Ralf Kirchner, kam noch mal zum Ausdruck, dass nicht jede Frakturversorgung zur sofortigen Belastbarkeit führt, auch wenn dies als Ziel zu verfolgen ist. »Den heutigen Anforderungen entsprechend, mit immer häufiger zu versorgenden Patienten mit diesen Brüchen, kommt die Industrie durch Entwicklung immer besserer Implantatsysteme nach, wenngleich ein so genannter Gold-Standard noch nicht gefunden ist«, so Kirchner.

Artikel vom 17.11.2004