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Schlicht und dabei ausdrucksstark

Konzert mit Werken von Dvorák und Rheinberger im Dietrich-Bonhoeffer-Haus

Bad Oeynhausen (sto). Zwei bedeutende romantische Zyklen geistlicher Musik für Gesang und Klavier standen im Zentrum eines Konzerts zum Ausklang des Volkstrauertags im Dietrich-Bonhoeffer-Haus: Die Sopranistin Ina Jannsen interpretierte zusammen mit Kantor Harald Sieger am Klavier Joseph Gabriel Rheinbergers »Missa puerorum« op. 62 und die »Biblischen Lieder« op. 99 von Antonin Dvorák.

Der jungen Sängerin, die erst vor wenigen Tagen ihr Konzertexamen an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hannover abgelegt hat, gelang mit der Interpretation von Rheinbergers Vertonung der Messetexte eine höchst eindrucksvolle Leistung. Der eher schlichten musikalischen Rhetorik des »Kyrie« und des »Agnus Dei« mit seinen flehentlichen Bitten, der hymnischen Begeisterung im »Gloria«, den mit dramatischem Nachruck vermittelten Bekenntnistexten des »Credo«, und auch der weihevollen Stimmung des »Sanctus« blieb die Künstlerin, die über eine herausragende Stimme und eine nicht geringer zu schätzende Kultur des Ausdrucks verfügt, nichts schuldig.
Noch mehr als bei der Darstellung der Messetexte waren Ina Jannsen und Harald Sieger gefordert, den teilweise spröden musikalischen Melodielinien Dvoráks und seinen kargen Tonsymbolen den stimmigen Ausdruck zu verleihen. Denn diese Lieder werden von der Singstimme eher schlicht deklamiert. Selten ist hier die Affektsprache des weltlichen Klavierliedes zu vernehmen. Immerhin malen im dritten Stück »Gott, erhöre mein inniges Flehn« akkordische Seufzer und drängende Harmonik das Todesgrauen, während ein zierliches Flattermotiv die Bitte begleitet.
Höchst eindrucksvoll geriet das wohl (ebenso wie die Textvorlage des 23. Psalms) populärste Stück des Zyklus »Gott ist mein Hirte«. Hier wird die Singstimme nur von einem einzigen, frei schwebenden Klavierton gestützt; das thematische Leben beschränkt sich auf ein kleines, mit Pralltrillern verziertes Motiv aus der Schalmei des »Guten Hirten«. Den beiden Interpreten gelang neben der Darstellung von Trostlosigkeit und Verzweiflung, die aus dem überwiegenden Teil der Lieder spricht, im Schlussteil die überzeugende Wendung zu beschwingten Rhythmen und lichten Dur-Klängen.
Klaviermusik von Robert Schumann (Arabeske aus op. 18) und Frederic Chopin Valse a-Moll aus op. 34 eröffnete die beiden Teile des Konzerts; für den herzlichen Beifall bedankten sich die beiden Künstler mit der Händel-Arie »Let the bright Seraphim« aus dem Oratorium »Samson«. Hier konnte Ina Jannsen ein wahres Feuerwerk an technischer und auch gestalterischer Perfektion darbieten.

Artikel vom 17.11.2004