17.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zeichen des moralischen Neubeginns, oder?

Satirische Gedanken zur Hagebölling-Aktion in Paderborn


Jetzt ist es also amtlich, denn es steht in der Zeitung: Neun Kubikmeter Paderborner Luft, vergittert von einem aufstrebenden ostwestfälischen Künstler, haben die beschauliche Erzbischofsstadt unversehens in das Zentrum der Kunstszene und der Friedensbewegung katapultiert. Man befindet sich gewissermaßen im Auge des Taifuns, - wo ja bekanntermaßen die warme Luft fast zum Stillstand kommt. Damit bei dem einfaltsreichen Produkt auch ja jeder das Richtige denkt und den systemkonformen Schauder der Betroffenheit empfindet, hat der Meister seine »Messitsch« beflissen auf den Boden seines Käfigs gepinselt. Mit einem hageren Böller, den nur unsensible Flaneure für einen banalen Abiturientenstreich halten können, hat er die Öffentlichkeit wachgerüttelt und die deutsche Leidkultur beträchtlich gefördert.
Man kämpft für die amerikanischen Freunde, man verdammt sie in die tiefste Hölle, wieder andere, im Vollbesitz der letzten Wahrheit, sehen glasklar, dass Kritisierende entlarvt werden, und begleichen en passant eine alte Rechnung mit dem Theodorianum, ja sogar die »Teutsche Poeterey« wird um ein köstliches Exempel bereichert. Der Bürgermeister muss höchstpersönlich einschreiten und mit Rückgrat das Weltkind in der Mitten, das unschuldige Theodorianum und seine verständnisvolle Schulleiterin aus der Schusslinie holen. O tempora, o mores!
Dabei ist der eigentliche subtile Zusammenhang noch gar nicht erkannt worden. Der friedliebende Meister hat nämlich absichtlich genau zum 75. Jahrestag der Gründung des MOMA in New York sein Protest-Happening gestartet und sich damit kongenial in eine Reihe mit Warhol, Beuys und Lichtenstein gestellt. Da leider die Campbell-Suppen-Dose als Zeichen des satirischen Protestes schon vergeben ist, bist du, o kunstreicher Schmied, wiedererstandener Volcanus, Hoffnung aller Gutmenschen, nunmehr aufgerufen, wahrhaft Epochales zu schaffen: Vergittere das ganze Theodorianum (natürlich nur während der Schulzeit!) zusammen mit der Katholischen Fakultät, am besten auch gleich mit der Marktkirche! Damit wirst du allen Hader beenden und den Frieden herbeizwingen. Als Auftakt der Freudenbotschaft begib dich in dein Gefängnis und ziehe dort 4000 Euro ein. Ein »Padaboana zun Ankucken« wäre doch ein hoffnungsvolles Zeichen des moralischen Neubeginns, oder?
Zur Eröffnung der närrischen Saison 2004/2005.
KLAUS METELMANN
SIGRID OBERKIRCH
Bad Lippspringe

Artikel vom 17.11.2004