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Scharf zielende
Humorsoldaten

Duo Podewitz stürmte Altenbeken

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Altenbeken (WV). Die Jugend »steht« auf Comedy - doch auch das gute alte Kabarett hat keine Nachwuchssorgen. Mit den Brüdern Podewitz stellten sich jetzt zwei hochtalentierte Satirekünstler in Altenbeken vor.

Schon der Einstieg in ihre Nummernfolge »Die Nacht der hinkenden Vergleiche« gelang auf jeden Fall origineller als der Titel des gut 90-minütigen Bühnenprogramms. Als Officer und Sergeant einer zackigen Humor-Einheit wiesen Willi und Peter Podewitz ihr Publikum generalstabsmäßig in die Zuschauerrolle ein. Gefreiter »Hopkins« aus der dritten Reihe wurde mit Fähnchen und der »ZK-25-Gebirgsrassel« ausstaffiert, um die Beifallspender hinter sich zu scharen. »Ich mache jetzt den ersten Text scharf«, warnte der schneidige Officer. »Anlegen zum Applaus!«
Der kam dann zunächst mehr verhalten als donnernd, weil die Startnummern über den sauertöpfischen Teetrinker und die Raucher-Diskriminierung (»Die meisten Raucher sterben nicht an Krebs, sondern erfrieren auf dem Balkon«) noch nicht so recht zu zünden vermochten. Auch die deutlich unter der Gürtellinie angesiedelte Szene auf dem Herrenklo war noch ganz der intellektuellen Aufwärmphase zuzurechnen.
Während Willi, der ältere der Podewitz-Brüder, mit fast schon hyperaktivem Bühnenvortrag seine Betriebstemperatur schnell erreichte und darstellerisch eindeutig die Akzente zu setzen verstand, entfaltete Peter, nicht nur von der Statur her der Gemütlichere, seine mehr auf sprachlichem Gebiet liegenden Talente zunehmend sicherer und pontierter. Eingehüllt in das klassische Dichtergewand mit der Lyra kletterte er - befeuert vom Publikum - immer mal wieder zum »Strafgedicht« auf die Bühne.
Wie köstlich sich mit hintergründigem Sprachwitz und zündenden Wortspielereien simple Geschichten wie eine Rundfunkreportage über die »Olympischen Sommerspiele der Weltreligionen« abwickeln lassen, wurde in der Soutane am Mikro-Kreuz durchgespielt (»Beim Bogenschießen zeigte sich, dass die Mannschaft aus dem Vatikan nicht unfehlbar ist«). Und auch der »Literatur-Reparaturdienst«, ein Pannenservice bei steckengebliebenen Vortragstexten, wusste zupackend mit dem satirischen Werkzeugkasten umzugehen. »Defekte Dichtung!«, diagnostizierte der Pannenhelfer beim Blick unter das Manuskript und entdeckte zudem noch eine »schlampig hingeschusterte Überleitung«.
Prima auch nach der Pause die Satire auf die deutsche Urlaubsbelagerung der Bettenburgen rund ums Mittelmeer, die von den beiden Humorsoldaten als Auslandseinsatz »Operation Vollpension« durchgespielt wurde. Vor allem sprachlich gearbeitet werden müsste vielleicht noch an den beiden sizilianischen Mafiafiguren, den »Homöo-Paten«.
Dafür verabschiedeten sich die Podewitz-Brüder mit einem erneut originellen Abtritt von ihrem mittlerweile längst gewogenen Publikum: Da gab es eine höchst amüsante Abschieds-Szene. »Wir wollen Schluss mit Ihnen machen«, drucksten die beiden verlegen herum. »Wir haben da ein anderes Publikum kennengelernt.« Und da half dann auch Hopkins Gebirgsrassel nicht mehr. Mit viel Beifall wurden die beiden Bremer Kabarettisten schließlich in die Garderobe entlassen.

Artikel vom 16.11.2004