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»Jetzt steigt
keiner auf«

Dotchev interessiert Tabelle nicht

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Es war fast auf den Tag genau vor einem Jahr: Das 16. Meisterschaftsspiel lief damals am 15. November, der Gegner hieß auch Preußen Münster. Der SC Paderborn 07 verlor 1:3, purzelte aus den Aufstiegsrängen und kam nie mehr richtig rein. Der 3:2-Heimsieg am Samstag könnte deshalb richtungsweisend gewesen sein.

Nur Zahlenspielerei oder doch mehr? Fakt ist: Der SCP hat drei Zähler mehr, als zum gleichen Zeitpunkt vor zwölf Monaten und steht auf einem Rang, der für die zweite Liga reichen würde. Fakt ist: Nach dem 16. Spieltag der Vorjahres hatte die Dotchev-Elf schon drei Begegnungen verloren, jetzt »nur« zwei. Fakt ist: Die Offensive trifft besser und verbuchte bereits fünf Tore mehr als nach 16 Spieltagen der Serie 2003/2004.
Zahlen, die SCP-Trainer Pavel Dotchev wenig interessieren. »Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Mannschaft schon mal nach 16 Spieltagen aufgestiegen ist«, sagt der Trainer und verweist auf das Beispiel Wuppertaler SV. Der Neuling der vergangenen Saison lag bis zu neun (!) Punkte vor dem SCP, durfte sich mit dem Titel »Herbstmeister« schmücken und wurde am Ende nur Vierter.
Außerdem sei der SCP des Jahres 2004 - nach Ansicht des Cheftrainers - gar nicht mit der Mannschaft des Vorjahres zu vergleichen. »Wir haben noch Potenzial und können viel besser spielen«, sagt der Bulgare und nennt die lange Verletztenliste. Mit René Müller und Georgi Donkov stehen in diesem Jahr zwei ganz wichtige Spitzen wahrscheinlich gar nicht mehr zur Verfügung. Die wichtigen Außenbahnen wurden notgedrungen zum größten Experimentierfeld von Dotchev. Verletzt oder gesperrt - Daniel Cartus und Benjamin Schüßler standen am Samstag zum ersten Mal seit dem 28. August (2:1-Sieg über den VfL Osnabrück) wieder gemeinsam in der Anfangs-Elf. Borislav Tomoski, Georgi Donkov, Semir Devoli, Daniel Scherning oder auch Stephan Maaß - sie alle bekamen mal ihre Chance, zufriedenstellend genutzt hat sie keiner. Deshalb kam das Comeback von Daniel Cartus auch schneller als eigentlich geplant. »Daniel ist noch längst nicht der Alte, er kann noch viel mehr«, sagt Dotchev und weiß: Selbst in dieser Verfassung hilft der Rotschopf dem SC Paderborn 07 auf der rechten Seite schon enorm weiter.
Gleiches gilt für Benjamin Schüßler. Gegen Preußen Münster ging er ohne geregeltes Training und auch noch fit gespritzt in die Partie, traf zum 1:0 und hielt eine Halbzeit lang durch. »Vorbildlich seine Einstellung«, lobt Dotchev den Ex-Osnabrücker und führt dies als weiteren Beleg für das »Wir-Gefühl« beim SCP an: »Die Jungs sagen nicht nur, dass sie aufsteigen wollen, sie tun auch alles dafür.«
Blieb seine Elf im Vorjahr von Verletzungsproblemen weitestgehend verschont, ist Dotchev seit dem fünften Spieltag ständig zu Umstellungen gezwungen. Von Stephan Loboué im Tor bis René Müller im Angriff - die Liste der Ausfälle füllt einen ganzen Spielberichtsbogen. Nur Markus Bollmann, Thorsten Becker und Alexander Löbe standen bislang immer zur Verfügung und sind die drei »Dauerbrenner« im Team - der Rest im 26 Spieler umfassenden Kader war entweder schon verletzt, gesperrt oder ganz einfach nicht in der von Dotchev gewünschten Verfassung.
Übrigens: der Sieg am Samstag gegen Preußen Münster hat noch etwas gutes. Vor zwölf Monaten verloren die Paderborner gegen Eintracht Braunschweig (0:2), FC St. Pauli (0:2), Preußen Münster (1:3) und Borussia Dortmund (1:3). Auch in diesem Jahr gab's gegen St. Pauli (0:3) und Dortmunds Amateure (0:6) nichts zu holen. Aber die »schwarze Serie« wurde nun durchbrochen, deshalb gilt: Die Reise zur Braunschweiger Eintracht kann kommen.

Artikel vom 16.11.2004