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»Freunde stehen einander bei«

»Trauer gemeinsam tragen« steht bei Gedenkfeier im Mittelpunkt

Versmold (igs). Die vielerorts gewünschte »Versöhnung über den Gräbern« - in Versmold wird sie gelebt. Gemeinsam erinnerten am gestrigen Volkstrauertag die Vorsitzenden der Städtepartnerschafts-Freundeskreise aus Versmold und Dobczyce, Christian Ludewig und Mateusz Matejewski, daran, dass Polen und Deutsche gemeinsam trauern dürfen.

»Trauer gemeinsam tragen« - unter dieses Motto hatte der Freundeskreis für die Städtepartnerschaft Dobczyce - Versmold die Gedenkfeier gestellt. Der Verein richtete die Feier erstmals aus. Mehr als 100 Menschen folgten der Einladung zum Mahnmal an der Gartenstraße, darunter die Mitglieder des Schützenvereins, der Feuerwehr sowie des Männergesangvereins Versmold und des Musikzugs Oesterweg der Freiwilligen Feuerwehr, die die Feierstunde musikalisch gestalteten.
Ludewig und Matejewski erinnerten in ihrer gemeinsamen Ansprache daran, dass Polen, Deutschland und viele andere Nationen viele Millionen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft beklagen mussten. »Wir glauben, dass wir gemeinsam trauern dürfen, denn die Trauer der Hinterbliebenen über den Verlust eines geliebten Menschen empfinden wir in meinem Heimatland Polen ebenso, wie Sie sie hier in Deutschland fühlen.« Die gemeinsame Trauer sei ein Muss, denn aus ihr werde man Kraft für eine friedliche und freundschaftliche Zukunft schöpfen. »Freunde stehen einander bei, auch und gerade in Zeiten der Traurigkeit. Das ist es, was ihre Freundschaft stark macht«, appellierte Matejewski. Ludewig warnte mit Blick auf das deutsch-polnische Verhältnis vor Blauäugigkeit: Selten sei es so gespannt gewesen wie in diesen Tagen. Verantwortlich dafür sei die »Preußische Treuhand«, die Polen mit Klagen auf Eigentumsrückgabe überziehen wolle. »Daraus resultiert in Polen ein neues, tiefes Misstrauen gegenüber Deutschland.« Das polnische Parlament habe im Gegenzug verlangt, auf die Entschädigung des im Zweiten Weltkriegs erlittenen Leides zu pochen. »Eine sinnlose Spirale gegenseitiger Aufrechnungen ist hier in Gang gesetzt worden.«
Nur Verständigung könne helfen, der gegenseitigen Aufrechnung des Leids erfolgreich zu widerstehen, unterstrich Matejewski die Bedeutung von gegenseitigem Verständnis und Respekt. Verständnis entstehe aus aktiver Annäherung, sagte Ludewig. Freundschaft sei zu einem Schlüsselbegriff im Verhältnis zwischen Versmold und Dobczyce geworden. »Jede einzelne Freundschaft ist ein Baustein für das Verständnis zwischen unseren Völkern.«
Bürgermeister Thorsten Klute unterstrich die Bedeutung der Freundschaften zwischen Versmold und Dobczyce. Sie verdeutlichten die Sinnlosigkeit des Krieges und die Sinnhaftigkeit der Versöhnung.

Artikel vom 15.11.2004