15.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Versöhnen durch Erinnern

Gedenkstunde zum Volkstrauertag am Ehrenmal


Espelkamp (sw). »Versöhnung setzt Erinnerung voraus.« Dies betonte gestern Espelkamps stellvertretende Bürgermeisterin Christel Senckel, die am Volkstrauertag zur Kranzniederlegung am Ehrenmal in der Breslauer Straße die Ansprache hielt. Die Gedenkstunde wurde von der Baugemeinde Espelkamp organisiert und vom Posaunenchor Isenstedt-Frotheim musikalisch begleitet.
Am Tag der Erinnerung an die Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft berichtete sie von einem Reise-Erlebnis vor zwei Jahren in Irkutsk in Sibirien, wo sie Zeugin einer Wachablösung am Ehrenmal für die Opfer des Krieges gewesen sei. »Es war beeindruckend zu sehen, mit welcher Hingabe und welchem Ernst die Schüler diese Aufgabe wahrnahmen. Für die Jugendlichen sei dies eine Ehre gewesen - keine Pflichterfüllung.
Wie aber, fragte Senckel, gehen wir mit der Erinnerung an die Menschen um, die Opfer des Krieges wurden? »So mancher fragt sich, ob es jetzt, 60 Jahre später, noch an der Zeit ist, an eine Epoche zu denken, die wir glücklicherweise überwunden haben. Und ob es nicht an der Zeit wäre, den Blick in die Zukunft zu richten.« Gerade jüngere Jahrgänge ständen dieser Gedenkstunde eher kritisch gegenüber. Dabei sei, wie der Blick in die Welt zeige, Frieden kein »Naturzustand und keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Prozess auf einem oft steinigen Weg«. Senckel betonte, dass Zukunft und Vergangenheit untrennbar miteinander verknüpft seien. »Nur die fortwährende Erinnerung an das unermessliche Leid, das Krieg und Gewaltherrschaft mit sich brachten, ließ die Menschen die Sinnlosigkeit von Kriegen und die Notwendigkeit erkennen, von totalitären Systemen Abstand zu nehmen.« Das Geschehene dürfe nicht verschwiegen oder verdrängt werden. »Das Festhalten im Bewusstsein ebnet den Weg zur Versöhnung - die Erinnerung an das, was nie hätte passieren dürfen.«

Artikel vom 15.11.2004