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»Wir müssen Erinnerungsarbeit leisten«

Klaus Schröder (Mitte) spricht Gedenkworte zum Volkstrauertag während der Kranzniederlegung am Mahnmal. Für die Stadt nehmen Beigeordneter Heinz Brockmeier und der stellvertretende Bürgermeister Christoph Lübeck an der Veranstaltung am Nordring teil.Foto: Marold Osterkamp

Zahlreiche Gedenkfeiern zum Volkstrauertag - Viele Bürger am Ehrenmahl und im Ratssaal

Bünde (os). Marie von Ebner-Eschenbach gibt der Gedenkveranstaltung ihr Motto: »Frieden kannst du nur haben, wenn du ihn gibst«. Die Gedenkstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Volkstrauertag auf dem Ehrenfriedhof und anschließend im voll besetzten Ratssaal ist die größte im Kreisgebiet. Sie wird von zahlreichen Menschen vorbereitet und nach wie vor von vielen Bündern, ganz gleich ob Jung oder Alt, besucht.

Klaus Schröder, Vorsitzender der Ortsgemeinschaft Bünde im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, machte am Ehrenmal auf die besondere Bedeutung dieses Tages aufmerksam. Auf den Tag genau vor 50 Jahren, am 14. November 1954, wurde der Ehrenfriedhof am Nordring unter großer Beteiligung der Bevölkerung seiner Bestimmung übergeben. Gustav Klausmeier, ein Bildhauer aus Bünde, hat ihn künstlerisch gestaltet. Sein Sohn kam am Sonntag zur Gedenkstunde. Schröder erinnerte an die Bedeutung des alles überragenden Hochkreuzes als Zeichen des Leidens der Opfer, aber auch als Sieg des Menschen über den Tod. So wertete es auch vor 50 Jahren Oberkonsistoralrat Pfarrer Philipps.
»Wann ist denn endlich Frieden in dieser irren Zeit?«, zitierte Klaus Schröder einen Text von Wolf Biermann und sprach über das aktuelle Elend in der Welt. Er schloss mit den Worten: »Friede ist niemals ein endgültiger Besitz, sondern eine immer währende Aufgabe.«
Der Posaunenchor Dünne, der Männerchor Germania-Hosen sowie die Schüler Karolina Eurich, Daniela Scheling (Klavier) und Emil Kohlert (Violine) gestalteten den Morgen im Ratssaal dann musikalisch. Eine Arbeitsgemeinschaft der Realschule Nord unter Leitung von Hannelore Brand hatte nachdenkliche und einprägsame Texte vorbereitet, die sie vortrug, darunter Worte aus dem Anti-Kriegs-Gedicht »Psalm« von Peter Huchel oder aus »Träume« von Günther Eich. Die Gruppe hat sich auf sehr subtile Weise dem Thema Krieg und Gewalt genähert.
Die Gedenkrede hielt diesmal Heilka Müller, Leiterin von UNICEF Bünde. Der Blick richte sich an diesem Tag auf die gefallenen Soldaten und diejenigen, die in Kriegsgefangenschaft umkamen und auf die Opfer »von Bomben, Flucht und Vertreibung und vor allem auf jene Menschen, die in den Vernichtungslagern der Nazis ermordet wurden, weil sie gegen die Gewaltherrschaft Widerstand leisteten.« Sie rief dazu auf, »an der Kultur des Erinnerns festzuhalten«. Der Volkstrauertag solle dazu dienen, uns zur Menschlichkeit anzuhalten. »Menschlichkeit bewahren heißt, das Schicksal des Einzelnen für wichtig erachten, sensibel zu bleiben für jeden Einzelnen.« Heilka Müller sprach das Leid der Kinder an, die in Kriegen besonders gefährdet seien. »Wenn Kinder unsere Zukunft sind, müssen wir sie behüten vor Gewalt und Unrecht.« Christin Pothoff von der UNICEF-AG des Gymnasiums am Markt sprach anschließend das Gebet der Vereinten Nationen.
Vor der gemeinsamen Totenehrung, die das Programm im Ratssaal abschloss, ergriff Klaus Schröder noch einmal das Wort, der allen Mitwirkenden dankte und auch an die Schulveranstaltung zum neunten November erinnerte.
Schröder wiederholte noch einmal seine Gedanken zu diesem besonderen Datum für Bünde. Das dunkelste Kapitel unserer Geschichte müsse in der nachwachsenden Generation wachgehalten werden. »Doch Erinnerung braucht auch Namen und Orte, an die sie anknüpfen kann. Dieses mögen treibende Beweggründe gewesen sein«, weshalb die Verantwortlichen in Bünde und der damalige Beauftragte und Ortsvorsitzende des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Hans Niewöhner, eine Gedenkstätte im Zentrum der Stadt geschaffen hätten. Erinnerung sei unverzichtbar. »Wir müssen Erinnerungsarbeit leisten, denn sie schärft unseren Blick und unsere Wahrnehmung gegenwärtiger Missachtung menschlicher Würde und menschlichen Lebens.« Sie sei Friedensarbeit für die Zukunft.
Teilgenommen an der zentralen Feierstunde haben: Schützengesellschaft von 1838, Deutsches Rotes Kreuz, Freiwillige Feuerwehr, Marinekameradschaft von 1900, Sozialverband Bünde, Verband der Reservisten, Verband Deutscher Soldaten.
Gleichzeitig fanden überall im Bünder Land Gedenkfeiern statt, etwa in Kirchlengern, Rödinghausen oder am Ehrenmahl an der Hochstraße in Ennigloh, wo Friedhelm Heckemeyer die Gedenkrede hielt.

Artikel vom 15.11.2004