13.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn das Lachen wiedergefunden wird

Die STEMWEDER ZEITUNG stellt in zwei Teilen das heilpädagogische Kinderhaus vor

Von Felix Quebbemann
Stemwede (WB). Auf dem Innenhof herrscht reger Betrieb. Viele Kinder laufen und springen herum, lachen und spielen miteinander. Es ist ein Bild, wie man es eigentlich jeden Tag zum Beispiel auf dem Schulhof sehen kann.
Ein runder Kerzenständer, der ganztägig und ganzjährig in der räumlichen Mitte des heilpädagogischen Kinderhauses steht, ist das Symbol der Stemweder Einrichtung.

Doch dies ist kein Schulhof. Die Jungen und Mädchen wohnen im heilpädagogischen Kinderhaus in Dielingen. Viele der Kinder, die hier zuhause sind, haben vorher Probleme in ihren Familien, Pflegefamilien oder anderen Heimen gehabt. Viele Stationen mussten durchlaufen werden, damit sie im Stemweder Kinderhaus ihr Lachen und ihre Freude wiederfinden konnten.
Auch ein 13-jähriger Junge ist mittendrin im Getümmel. Frank (Name von der Red. geändert) ist seit zwei Jahren in Dielingen und kam von einem Kinderhaus in Bonn nach Stemwede. Wegen »Stress mit der Pflegefamilie« ist er in ein solches Heim gekommen. In Dielingen nun scheint er sich endlich wohl zu fühlen. »Wenn ich nicht gerade Fußball spiele, bin ich sehr oft in meinem Zimmer und höre Musik«. Der 13-jährige fährt aber auch sehr gerne ins Dorf zu seinen Freunden.
Er schlendert ins Haus. In dem großen Raum steht ein Kicker-Automat, in der linken Ecke ein Schreibtisch -Êdas Büro für die Pädagogen und Erzieher. Dieses sei deswegen so offen gestaltet, weil sich im gleichen Raum die Kinder der heilpädagogischen Fördergruppe aufhalten, erklärt Frank. »Diese darf man nicht aus den Augen lassen, sonst passiert hier zu viel. Die Kinder sind nicht so, wie sie sein möchten«, so der 13-Jährige.
Insgesamt gibt es vier heilpädagogische Kinderhäuser in Stemwede - zwei in Arrenkamp und jeweils eines in Dielingen und Haldem. Hinzu kommt die Lebensgemeinschaft Jugendwohngruppe in Haldem. Insgesamt wohnen zurzeit 54 Kinder in den Einrichtungen, deren Träger Lothar Pannen ist. Er gründete die heilpädagogischen Einrichtungen im Jahr 1995. »Ziel ist es, die Kinder zu verstehen; die seelischen und psychischen Behinderungen und Auffälligkeiten therapeutisch zu begleiten, sie zu verstehen und zu verändern«, erklärt Pannen.
In den heilpädagogischen Kinderhäusern werden Jungen und Mädchen aufgenommen, die als verhaltensauffällig bezeichnet werden. Kinder, die durch Probleme in ihrem Herkunftsmilieu vielfältige und gravierende Entwicklungsbeziehungsstörungen erlitten haben. »Kinder, die keiner mehr haben will«, so Pannen.
Der Leiter der Einrichtung erklärt ausdrücklich: »Die Jungen und Mädchen müssen sich für unsere Einrichtung entscheiden.« Das Kinderhaus soll ein Ort werden, an dem sie Zuflucht finden und wissen, dass sie immer wieder zurück kommen können. Das, so der Leiter weiter, setzt natürlich auch großen persönlichen Einsatz der 53 Mitarbeiter voraus. Doch auch bei den Mitarbeitern ist wichtig, dass sie nicht »stumpf« ihre Arbeit verrichten. Wichtig sei, dass sie ein regelmäßiges Hobby haben und so einen Ausgleich zu ihrer Arbeit finden.
Wieder im Kinderhaus Dielingen, wo 15 Jungen und Mädchen in drei Gruppen wohnen, ist Frank nach oben in sein Zimmer gegangen. Es fällt auf, dass dort kein Fernseher steht. »Fernsehen ist eine Gemeinschaftssache«, erklärt er den einfachen Grund. Außerdem: »Wenn einer einen Fernseher auf dem Zimmer hat, will ja jeder einen haben.«
Ist doch logisch. Im Wohnraum steht schließlich besagte »Flimmerkiste«. Direkt nebenan ist die Küche. Der Küchendienst ist eingeteilt. Eine Gruppe kocht für das ganze Haus. Am Wochenende ist dann aber jeder für sich verantwortlich dafür, dass der Magen nicht knurrt.
Der 13-jährige Frank fühlt sich wohl in Dielingen. Man habe hier schon eine Menge Spaß, unter anderem bei Geburtstagsfeiern. Unübersehbar ist auch, dass sich die Jungen und Mädchen mit Weihnachtsschmuck an den Wänden schon auf das Fest der Feste vorbereiten. Dann rückt die große Kinderhaus-Familie noch enger zusammen (zweiter Teil folgt).

Artikel vom 13.11.2004