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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (89. Folge):Ein »Libori-Wetter-Toto«


Zwei wichtige Daten aus 1954: Zu Beginn des Jahres wurde das wieder aufgebaute Rathaus bezogen, im Oktober das Richtfest des Domturmes, sowie »Herbstlibori rund um den Dom« gefeiert. Neun Jahre nach Kriegsende war auf dem Liboriberg eine große Kirmes aufgebaut. In der Festwoche vor 40 Jahren fanden auf der Rollschuhbahn am Turnplatz unterhalb des früheren Arbeitsamtes Wettbewerbe im Rollschuh-Kunstlaufen und auf Fahrrädern statt. Später wurde hier sogar der Versuch mit einer Eisbahn gemacht - vor über 35 Jahren!
Herbstlibori 1954 führte das Landestheater Detmold im Kolpinghaus die »Czardasfürstin« auf, einen eindrucksvollen Klavierabend gestaltete der Pariser Pianst Niedzielski. Die Turnhalle der Theodorschule war zwei Tage Schauplatz einer Obstausstellung.
Slogan einer schon 1954 bestehenden Werbegemeinschaft mit der Geschäftsstelle im Schildern 5: »Das Paderborner Schaufenster zeigt, dass sich ein Besuch der Stadt des guten Einkaufs lohnt«. Die Geschäfte waren damals bereits am ersten Herbstlibori-Sonntag geöffnet. Aus der Anzeige der Werbegemeinschaft Paderborn: »In den gepflegten Gaststätten genießt man vor und nach dem Einkauf westfälische Gastlichkeit«.
Veranstaltet wurde ein Libori-Wetter-Lotto: »Welches Wetter wird vom 1. bis 10. November täglich um 12 Uhr herrschen?« Anzukreuzen waren »Sonne«, »Regen« und »Bedeckt«. Den Tippern mit zehn richtigen Kreuzen winkten 1500 Mark »in bar«.
Paderborn hatte 1954 46.238 Einwohner, bis 1974 kam die Kern stadt auf 65.453. Am Morgen des 1. Januar 1975 zählte die junge Großstadt nach dem Anschluss der acht neuen Stadtteile 103.572 Männer, Frauen und Kinder. Heute sind es rund 140.000, von denen 77.476 innerhalb der Grenzen des Paderborns von 1954 wohnen.
Vor 40 Jahren waren Bürgermeister Christoph Tölle (MdL) und Stadtdirektor Wilhelm Sasse die »Doppelspitze« im Rathaus und der Verwaltung. Den Landkreis »regierten« Landrat Karl Rennkamp und Oberkreisdirektor August Monzen. Im Paderborner Rat hatte die CDU mit 42,5 Prozent 16 von 37 Sitzen, das Zentrum kam auf sieben. Im Kreistag besetzte die CDU mit 40,5 Prozent 21 von 47 Abgeordnetenplätzen, das Zentrum zehn. Eine Frau aus Unna vertrat Paderborner seit 1949 im Deutschen Bundestag: Maria Niggemeyer mit 62,5 Prozent. Ihr folgte 1957 Dr. Rainer Bartzel mit dem Paderborner CDU-Rekord aller Zeiten: 71,7 Prozent. Der traumhafte Spitzenwert im Kreisgebiet wurde bei der Landtagswahl 1975 von Dr. Heinrich Pohlmeier in Delbrück erzielt: 85,4 Prozent!
Was war im Oktober 1954 im Lokalteil des »Westfälischen Volkblattes« zu lesen? Oberbaurat Willy Schmidt: »Eine Paderborner Umgehungsstraße für den Fernverkehr kann erst in weiter Zukunft ausgebaut werden«. Er bemängelte in der Zusammenkunft des Heimatvereins fehlende Parkplätze in der Innenstadt: »Kann man das Zentrum nicht anfahren, wird daraus ein Museum«. Wer jetzt noch baue, müsse Garagenplätze nachweisen.
In der Kriegerhalle in Neuhaus führte die Spielschar der Kolpingsfamilie Molières »Geizkragen« auf. In Wewer stellte der Rat den Kauf der von der Volksschule beantragten zwei Nähmaschinen zurück. Dafür bekam die Schule aber 100 DM aus dem städtischen Etat für eine »Hausapotheke«. Im Postamt-Neubau an der Westernstraße wurden wieder Pakete angenommen. Abdinghof-Pfarrer Hans-Dietrich Mittrop nahm nach 17 Jahren Abschied von Paderborn.
Als »Künder des Winters« wurden zahlreiche Kranichschwärme als »Überflieger unseres heimatlichen Gebietes« registriert. Georg Vockel

Artikel vom 10.11.2004