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Lager Anreppen
wurde bislang
unterschätzt

Neue Erkenntnisse im Colloquium

Delbrück-Anreppen (al). Im Rahmen des Jubiläumsjahres »2000 Jahre Römerlager Anreppen« fand in der Dorfhalle Anreppen ein dreitägiges internationales Colloquium statt. Die 32 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Slowenien, Slowakei und Tschechien befassten sich unter dem Thema »Rom auf dem Wege nach Germanien: Geostrategie, Vormarschtrassen und Logistik« mit Erkenntnissen zum Vormarsch römischer Truppen nach Germanien. Anreppen muss dabei eine zentrale Rolle gespielt haben.

Professor Dr. Heinz Günter Horn, oberster Denkmalpfleger des Landes Nordrhein-Westfalen (Ministerium für Städtebau, Wohnen, Kultur und Sport), hielt zum Abschluss der Fachtagung einige neue Erkenntnis fest. »Unsere Vorstellungen über Germanien und die Rolle des Römerlages in Anreppen sind hier sehr gut herausgearbeitet worden. Wir haben die Funktion des Anreppener Lagers bisher eher unterschätzt«.
Das Römerlager in Anreppen war Ausgangspunkt für die weiteren Eroberungszüge der römischen Truppen. »Bei den Vormarschwegen der Römer müssen Form und Aussehen der Landschaft berücksichtigt werden. Um die logistischen Voraussetzungen für die Eroberung Germaniens zu schaffen, setzten die Römer verstärkt auf die Wasserwege.«
Dies ist wohl eine der zentralen Feststellungen der Fachtagung, waren die Römer doch bislang für ihren Straßenbau berühmt.
»Durch die sumpfige Landschaft Germaniens hätten solch große Menschen- und Versorgungsmengen gar nicht auf Straßen transportiert werden können«, erläutert Professor Horn. Dies erklärt auch die unmittelbare Lage des Römerlagers an der Lippe.
Ein Vortrag befasste sich speziell mit den enormen Anstrengungen der Römer, um Transportmöglichkeiten zu organisieren. In diesem Zusammenhang kommt Anreppen eine große Bedeutung zu. »Eine absolute Schlüsselanlage, die bei der Einrichtung einer römischen Provinz Germanien von zentraler Bedeutung gewesen wäre«, ist sich Horn in seinem Resümee sicher.
Die Römer-Experten sind sich in einem weitern Punkt einig: Es wäre wünschenswert, wenn Teile des Römerlagers rekonstruiert werden könnten. Gelder für den Grundstücksankauf und erste Rekonstruktionen sind bei der NRW-Stiftung eingestellt (das WV berichete).
»Was notwendig ist, anzukaufen, kann auch finanziert werden«, so Professor Horn, der weiter ausführte: »Mit dem Ende der Grabungen bleibt noch eine große Fläche erhalten, die nicht untersucht worden ist. Es bleibt abzuwarten, was dieses wissenschaftliche Erwartungsland in der Zukunft zu bieten hat. Dies ist für uns sehr wichtig, da alle schriftlichen Zeugnisse ausgereizt und wir auf die Archäologie angewiesen sind«, betonte Professor Horn. »Auch unter touristischen Aspekten ist eine Rekonstruktion der Erde-Holz-Mauer oder verschiedener Gebäude wünschenswert«, schloss Horn sein Plädoyer für einen »Archäologischen Park Anreppen«.

Artikel vom 09.11.2004