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IHK will »politischer« werden

Feierstunde zum zehnjährigen Bestehen der Kammerzweigstelle in Minden

Minden (ber). Bereits 1849 wurde zum ersten Mal eine Handelskammer in Minden gegründet, zuständig damals für die Kreise Minden und Lübbecke und die Stadt Vlotho. Zehn Jahre erst ist es her, dass die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld mit einer Geschäftsstelle zurück in die Kreisstadt kam. Nicht die lange Tradition, sondern das kleine Jubiläum wurde jetzt in einer Feierstunde mit mehr als 150 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung am Simeonsplatz gefeiert.

Weil das Interesse so groß war, hatten die Mitarbeiter um Geschäftsstellenleiter Karl-Ernst Hunting noch am Tag der Veranstaltung umgeplant und waren vom IHK-Seminarraum in das spanische Restaurant im Erdgeschoss des Gebäudes ausgewichen. Dort gab es im Anschluss an die Festvorträge bei spanischen Tapas auch noch Zeit für einen ausführlichen Gedankenaustausch, zum Beispiel über die Anmerkungen des Hauptredners, Klaus-Peter Schöppner (Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts TNS-Emnid) zur Reformbereitschaft der Deutschen - Auswertung einer neuen, europaweiten Untersuchung.
Mit einem historischen Rückblick auf die Geschichte des Handelskammerwesens in Minden begann IHK-Präsident Herbert Sommer seinen Vortrag nach der Begrüßung der Festgäste durch Vizepräsident Ralf W. Borcherding. »Eindeutig näher an den regionalen Themen und Problemen, die unsere Mitgliedsunternehmen bewegen« sei die IHK laut Sommer durch ihre Zweigstellen in Minden und in Paderborn. Die IHK mische sich öfter ein und greife vermehrt lokal- und regionalpolitische Themen mit Wirtschaftsbezug im Kreis auf. Brisanten Themen gehe die Kammer dabei nicht aus dem Weg, so Sommer, auch wenn hin und wieder Positionen vertreten würden, die nicht alle gerne hörten: »Nicht zuletzt infolge der Unabhängigkeit der IHK sind wir in der Lage, den Finger in die Wunde zu legen und unpopuläre Positionen zu vertreten«, unterstrich Sommer und kündigte im Hinblick auf die Landtagswahl 2005 an, die IHK wolle insgesamt »politischer werden«.
Die IHK werde in Minden eine kleine Einheit (derzeit vier Mitarbeiter) bleiben, aus aktuellem Anlass sei allerdings eine weitere, zeitlich befristete Stelle geschaffen worden -Êein Ausbildungsstellenakquisiteur für den Mühlenkreis als Umsetzung der IHK-Zusage im nationalen Ausbildungspakt.
Einen Wunsch von Landrat Wilhelm Krömer, der auch die Grüße zahlreicher anwesender Bürgermeister und ehemaliger Stadtoberhäupter überbrachte, versprach Sommer zu erfüllen: eine Verstärkung des Bereiches Außenwirtschaft mit kompetenter Beratung über die Situation in einzelnen EU-Staaten. Krömer unterstrich, wie sehr der Kreis die Präsenz der IHK vor Ort schätze, die immer das »Ohr am Puls der Wirtschaft« habe. Der Landrat bedankte sich auch bei vielen ehrenamtlichen Führungskräften in der IHK, die die unternehmerische Selbstverwaltung kennzeichneten.
Musik des A-Capella-Quartetts »Vier aber satt« und von Ali Demir (elf Jahre) auf der Saz (türkisches Instrument) umrahmte die Veranstaltung, die mit dem Festvortrag von Klaus-Peter Schöppner viel Nachdenkenswertes bot. Schöppner sprach von der deutschen »Ich will so bleiben, wie ich bin«-Gesellschaft, die noch nicht die Konkurrenz im wirtschaftlichen Bereich erkannt habe, die aus anderen Teilen der Welt drohe. Die Reformunwilligkeit sei beachtlich, die Akzeptanz von Veränderungen stiegen jedoch in dem Maße, in dem sie als gerecht vermittelt werden könnten, zitierte Schöppner aus seiner Untersuchung. Den Mut zur Selbstständigkeit ebenso fördern wie technisches Bewusstsein und Weiterbildung, hält er für unerlässlich. Und: »Hochnäsigkeit ablegen -Êwie im Fußball«.

Artikel vom 10.11.2004