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Hat der Zeuge gelogen?

Mord im Solling: Entsorgung der Waffe mit Fragezeichen

Von Ingo Schmitz
Brakel (WB). Hat ein Zeuge im Prozess um den Mord an Burkhard P. aus Brakel gelogen? Ein 35-jähriger Tischler aus Bevern hatte am Donnerstag gestanden, die mutmaßliche Tatwaffe auf der Deponie Kappenberg in Holzminden entsorgt zu haben. Nach Recherchen des WESTFALEN-BLATTES kann diese Aussage nicht stimmen.

Joachim Merker vom Holzmindener Entsorgungszentrum erklärte auf WB-Anfrage, dass die Deponie seit Oktober 2003 für externe Müllanlieferungen gesperrt sei. Daher sei es ausgeschlossen, dass im Februar oder März 2004 dort gewerblicher oder privater Müll von Kleinanlieferern abgegeben worden ist. Damit steht die Zeugenaussage des Tischlers auf tönernen Füßen. Eine Stellungnahme lehnte er gestern jedoch ab.
Wie berichtet, hatte der Handwerker, der einen Montageservice betreibt, völlig überraschend vor dem Göttinger Schwurgericht ausgesagt, dass ihm der Angeklagte Dirk M. am Tattag, dem 5. Februar, eine Pistole in den Wagen gelegt habe. Dirk habe geschworen, dass er nichts mit der Waffe gemacht habe. Er habe ihn aber gebeten, die Pistole zu entsorgen. Dieser Bitte sei der Tischler am 6. Februar nachgekommen.
Im Detail erläuterte der Tischler, dass er die Waffe in seiner Werkstatt in Lüchtringen in nur fünf Minuten mit einer Flex zerschnitten und die Überreste in einen Müllsack geworfen habe. Ein oder zwei Wochen später will der Zeuge den Müllsack mit weiteren Säcken zur Deponie Kappenberg gebracht und dort in den Hausmüll-Container geworfen haben. Diese Aussage scheint nun widerlegt.
Um die Waffe drehte sich beim gestrigen Verhandlungstag auch ein Gutachten. Ein Experte des niedersächsischen Landeskriminalamtes hat errechnet, dass der erste Schuss, der Burkhard P. von hinten traf, aus einer Entfernung von nur 70 bis 90 Zentimetern abgefeuert wurde.
Außerdem ging der Fachmann auf die Schmauchspuren ein, die im Bulli des Angeklagten an Lenkrad, Schalt- und Wischerhebel entdeckt worden waren. Es steht fest: Für die Spuren könnte es ausgereicht haben, dass Dirk M. die Tatwaffe lediglich in die Hand genommen hatÊ-Êdies hatte er am ersten Verhandlungstag zugegeben. Die Schmauchspuren in seinem Auto beweisen aber nicht, dass Dirk M. auch die tödlichen Schüsse abgegeben hat. Morgen berichten wir über die Aussage seiner Verlobten.

Artikel vom 10.11.2004