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Rathaus-Gefängnis bald
Museums-Außenstelle

Kuratorium hat einen Ort für Gedenkstätte gefunden

Von Bernd Bexte
Herford (HK). Vier Jahrzehnte war es als Lagerraum unbeachtet geblieben, jetzt wird das ehemalige Polizeigefängnis im Rathauskeller Außenstelle des Städtischen Museums. Damit endet die sechs Jahre lange Suche nach einer Dokumentations- und Begegnungsstätte zum Erinnern, Forschen und Gedenken des gleichnamigen Kuratoriums. Mitte 2005 soll das kleine Museum eröffnet werden.
Blick in den ehemaligen Gefängnishof: Hier hatten die Inhaftierten Freigang.
Anlässlich der Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde der ehemalige Zellentrakt gestern Abend der Öffentlichkeit vorgestellt. Die wird bei der Gestaltung mit einbezogen. Auf Fragebögen können alle Interessierten Anregungen zur Einrichtung der Gedenkstätte geben.
Der Trakt wurde von 1917 bis 1963 als Polizeigefängnis und Polizeiwache genutzt. »In der NS-Zeit waren diese Zellen für viele Menschen jüdischen Glaubens, Zwangsarbeiter, Zeugen Jehovas, politische Häftlinge und andere ein Ort der Angst; für manche Durchgangsort in Haftanstalten, KZ- und andere Lager oder auf dem Weg zum Todesurteil. Gerade an diese Opfer der Gewaltherrschaft wollen wir erinnern«, sagt Museumsleiter Christoph Laue. Dafür hat die Stadt dem Kuratorium fünf der zehn Zellen sowie den Flur zur Verfügung gestellt. Die anderen Zellen werden weiterhin von der Verwaltung als Lager genutzt.
Wer die seit der Nutzung als Hafträume kaum veränderten Zellen betritt, wird sofort von der beklemmenden Atmosphäre gefangen genommen: Schutzklappen vor den tief liegenden Fenstern schirmen das eh schon spärliche Tageslicht in den kalten, kargen Räumen ab, in die schweren, eisenbeschlagenen Türen eingeritzte Botschaften zeugen vom Schicksal »arbeitsunwilliger« Zwangsarbeiter aus Polen oder Russland. »Diese Inschriften wollen wir freilegen«, sagt Laue, der hofft, durch die authentische Umgebung vor allem junge Besucher für dieses Stück deutscher Geschichte interessieren zu können.
Träger der Einrichtung sind das Kuratorium und das städtische Museum. Die Gedenkstätte wird mit Spenden sowie durch einen Beitrag der Sparkassenstifung finanziert. »Das Personal wird ehrenamtlich arbeiten«, sagt Laue. Die Ergebnisse der Fragebögen werden bei der Mitgliederversammlung des Kuratoriums am 23. November ausgewertet. Diese findet um 20 Uhr in der neuen Gedenkstätte, im Zellentrakt, statt.

Artikel vom 10.11.2004