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»Es geht um alles bei uns«

Kirchensynode muss Sparen lernen

Von Gerold Brinkmann
Herford (HK). Der Kirchenkreis muss sparen - und Samstag werden die Verantwortlichen ausgiebig darüber debattieren, wo und in welchem Umfang gespart werden soll. Dem Kreissynodalvorstand liegt eine Flut von 107 Anträgen aus den 32 Kirchengemeinden vor.

Den Kirchenkreis, mit 1 300 Beschäftigten der wohl größte Arbeitgeber in der Region, plagt ein strukturelles Defizit von drei Millionen Euro. Es wird durch ein stetig sinkendes Kirchensteueraufkommen, das früher bei 14 Millionen Euro lag und auf inzwischen neun Millionen Euro gesunken ist, geprägt. 1,8 Millionen Euro sollen deshalb bis Ende 2005 abgebaut sein, vor allem durch Stellenstreichungen. Im Jahr darauf sind noch einmal 1,2 Millionen Euro fällig.
»Das Rasenmäher-Prinzip reicht nicht mehr«, sagte Superintendent Gerhard Etzien gestern bei der Vorstellung der Tagesordnung für Samstag. Die Luft sei aus allen Haushalten raus, nun gelte es, Bereiche zu fördern und sich anderswo zurückzuziehen. »Profile schaffen« nennt das Etzien.
Die Kirche sei nicht auf dem Rückzug, doch Altes könne nicht mit aller Gewalt bewahrt werden. Stattdessen solle Neues gesucht und gestaltet werden. Dennoch: »Es geht um alles in der Kirche.« Fast alle Mitarbeiter seien direkt oder indirekt betroffen. Das Ausgabeniveau des Kirchenkreises (327 Millionen Euro Jahresumsatz) müsse um 30 Prozent gesenkt werden.
»Die Kirche der Zukunft wird leiser sein, auch weil sie mit weniger hauptamtlichen Mitarbeitern auskommen muss. Sie wird sehr viel weniger gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Die Kirche muss stärker auf das Ehrenamt zurückgreifen und dort ihre Stärke wiederfinden«, sagte Etzien.
Das sei von den Kirchengemeinden verstanden worden. »Das Prinzip ist angekommen.«
Man treibe keinen Sozialabbau, betonte Verwaltungsleiter Wilfried Böhm auch mit Blick um die Diskussion über die Auflösung des Referates »Kirche und Gesellschaft«. Keine der betroffenen Personen stehe auf der Straße. Doch hätten sich die Schwerpunkte der Sozialarbeit verschoben, sagte Böhm und nannte als Beispiel den Ausbau des Berufskollegs in Herford.
Es müssten Samstag Beschlüsse gefasst werden, um das Sparprogramm bis Ende 2005 durchzusetzen, mahnte Etzien. Den Vorwurf von der Basis, es seien vor allem kleine Leute betroffen, ließ Etzien nicht gelten. »Sie sind in der Mehrheit betroffen, aber nicht mit einer Vollkündigung.«
In Zukunft müsse die Sicherung der Beschäftigung Vorrang vor der Sicherung des Arbeitsplatzes haben. »Wer braucht den Job, um in Urlaub fahren zu können, wer braucht den Job, um sein Leben bestreiten zu können«, umschreibt der Superintendent die Problemlage.

Artikel vom 05.11.2004