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Wahrhaft zündende Kunst

Heute Eröffnung von »Leere x Vision« in der Jakobikirche

Von Ruth Matthes (Text)
und Curd Paetzke (Fotos)
Herford (HK). Ob mit Garn und Haaren gemalte Bilder, Tee-Installationen oder Teppiche aus Ladycrackern -Êes existiert kaum ein Material, mit dem die Studierenden der Kunstakademie Münster nichts anfangen könnten. Heute wird ihre ideenreiche Gemeinschaftsausstellung »Leere x Vision« eröffnet.

Bis 19. Dezember laden die jungen Künstler zur Entdeckungsreise durch die Radewiger Ladenlokale ein. Organisator Oliver Schübbe war gestern zuversichtlich, dass bis zur Eröffnung, heute um 17 Uhr in der Jakobikirche, alles an Ort und Stelle ist. »Wir mussten einiges improvisieren«, resümiert er. »Es gab Ladenbesitzer, die kurzfristig absprangen, aber glücklicherweise auch solche, die spontan aushalfen.« Probleme warf auch Ursula Achtermanns Installation »Roter Teppich« auf, die aus 80 000 explosiven Ladycrackern besteht. Der Teppich sollte eigentlich als Symbol für Begriffe wie Ruhe, Versuchung und Einladung in der Kirche ausgelegt werden, »doch wegen der Brandgefahr nahm die Gemeinde davon Abstand«. Nun ist die Arbeit im Keller des ehemaligen Amadeus zu finden, gleich neben der interaktiven Installation »Gummitwist« von Alexandra Kürtz. Originelle Materialien hat auch das koreanische Ehepaar Lee mitgebracht. Sekyung Lee hat auf ein Service mit Haaren ein Meißener Blumendekor »gemalt«. Zwei Monate hat sie Haare von Freundinnen gesammelt und in zartesten Farbnuancen täuschend echt auf das Porzellan gebannt, das nun im Fenster des Antiquitätenladens im Trachtenstübchen zu sehen ist. »MARTa-Direktor Jan Hoet war davon so begeistert, dass er das Service direkt angekauft hat«, berichtet Schübbe.
Chang Won Lee hat mit Tee den Schatten eines »Mannes mit Topfpflanze« in ein selbst konstruiertes Standregal gefüllt. Je nach der Distanz des Betrachters zum Schaufenster am Gänsemarkt ändert sich die Wirkung der Figur.
»Christie« ist der Titel des gestickten Bildes, das Theresa Frölich im Laden der Recyclingbörse zeigt. Sie stellt bewusst die Rückseite aus, die Schattenseite der strahlenden Cheerleaderin. Im Nachbarfenster thematisiert Olga Schigal, die vor sieben Jahren aus Sibirien nach Deutschland gekommen ist, ihre eigene Geschichte. Sie hat eine schwarze und eine weiße Matroschka, Symbole für »Mütterchen Russland«, geschaffen. »Sie stehen für Verlust und Trauer, aber auch für das Entdecken von Neuem«, sagt sie.

Artikel vom 04.11.2004