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Sportlicher Alleskönner
aus »Down Under«

Australier Luke Marshall fühlt sich wohl in Werther

Von Thomas Kiso
Werther (WB). Sein Golfhandicap liegt bei sechs, Geld verdient der 18-Jährige als Tennislehrer und dennoch spielt Luke Marshall am liebsten Fußball. Und das erfolgreich: Mit BV Werther II will der Australier den Aufstieg in die A-Liga schaffen.

Neun Saisontore stehen für Luke dabei zu Buche. 25 Punkte aus zehn Spielen hoben die Wertheraner Reserve auf Rang eins der Kreisliga B. »Es läuft unerwartet gut«, sagt Luke Marshall. An die Torjäkerkanone oder etwa Aufstieg denkt der Stürmer aber kaum. Denn im Frühjahr wird er den Überraschungs-Tabellenführer verlassen. »Nicht ganz freiwillig«, meint der 18-Jährige. Seine fast wehmütig klingenden Worte sind mit einem besonderen Akzent behaftet. Denn Luke Marshall ist Austausch-Schüler aus Australien. Nur noch drei Monate ist Luke in Deutschland, bis es dann Ende Januar wieder zurück in die Heimatmetropole Sydney geht.
»Ich habe hier eine wunderbare Zeit, die Menschen sind sehr nett zu mir«, denkt der junge Australier mit den langen Haaren gar nicht gern an das immer näher rückende Ende seines einjährigen Besuches. Aus dem Intermezzo sind feste Freundschaften geworden.
In vier Familien in Neunkirchen, Werther und zur Zeit in Kirchdornberg fand der Australier bereits »tolle Gastgeber«. Die letzten Wochen wird Luke bei seinem Wertheraner Mannschaftskollegen Marius Bartsch verbringen. »Er spricht sehr gut Englisch und wir verstehen uns super«, hatte Luke Marshall auch im Umfeld des BV und am Wertheraner Gymnasium keine Schwierigkeiten, neue Bekanntschaften zu schließen. Deutsch sei die am schwersten zu lernende Sprache. »Meine Mitmenschen geben sich aber wie ich sehr viel Mühe«, muss Luke nur im für ihn freiwilligen Schulunterricht der Klasse zwölf (seinen Abschluss hat er in Sydney unter Dach und Fach gebracht) gelegentlich passen.
Während einer einwöchigen Deutschland-Tour wurde sein Interesse an deutscher Geschichte geweckt: »Im Konzentrationslager Weimar konnte ich vor Ort nachempfinden, was ich von zu Hause nur aus dem Schulunterricht kannte -Êdas war echt beeindruckend.« Überhaupt seien die Deutschen längst nicht so strikt, wie es seine Heimatschule lehrt: »Ich fühle mich echt wohl. Ein Ort wie Werther ist mit einer Millionenstadt wie Sydney natürlich gar nicht vergleichbar - aber gerade weil die die Menschen hier enger zusammen sind, ist es etwas Besonderes«, wird Luke Marshall nach diesem »Super-Jahr« einzig einen negativen Gedanken in Erinnerung behalten: »Die Deutsche Bahn ist immer zu spät und völlig überteuert.«
Einen Führerschein besitzt der Australier zwar. Die Regeln des Rotary-Austauschprogramms verbieten Luke in seinem Gastgeberland jedoch das Auto fahren ebenso wie den Genuß von Drogen, Alkohol oder einer Freundin. »Damit keine Gefahr besteht, dass ich nicht zurück möchte«, meinte der lockere junge Mann mit einem Grinsen. Was halten seine neuen Mitmenschen vom »Australien-Boy«? Guido Nowak: »Einige wichtige Tore hat er schon gemacht aber besonders menschlich wird er eine Lücke hinterlassen.«
Spätestens zur Weltmeisterschaft 2006 wird Luke wieder in Deutshland sein. Es sei denn, die BV-Reserve darf im Sommer völlig unerwartet doch den Aufstieg in die A-Liga feiern. »Dann werde ich kommen und auch einen 'drauf machen -Êoder wie sagt ihr...?«

Artikel vom 29.10.2004