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Schüler fasziniert von der Fliegerei

Außergewöhnliche Arbeitsgemeinschaft der Steinheimer Realschule mit LSV Egge

Vinsebeck (WB/nf). »Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein«, trällerte einst Reinhard May. Einige Schüler der Städtischen Realschule Steinheim wollen nicht ganz so hoch hinaus. Sie gehen zwar auch in die Luft, bleiben aber noch unterhalb der Wolken. Seit September -Êund selbst in den Ferien und am Wochenende -Ênutzen die vier Schüler Maleen Wolf, Sarah Niggemann, Thorben Hanke und Jan-Niclas Voss die Möglichkeiten einer Schüler-Arbeitsgemeinschaft, um die Faszination des Fliegens zu erleben, die ihnen der Luftsportverein Egge auf dem Frankenberg hoch über Vinsebeck bietet.
Betreut werden sie von Lehrer Hagen Seehase, selbst ein aktiver Siegerflieger, der die Schüler jeden Mittwoch auf das Vinsebecker Fluggelände begleitet. Hier lernen sie mit großer Begeisterung die Grundlagen des Segelfliegens in Theorie und Praxis. Die vier Schüler haben bereits zahlreiche Starts und Landungen hinter sich. Auf dem hinteren Sitz in den zweisitzigen Schulflugzeugen dürfen sie auch schon den Steuerknüppel in die Hand nehmen.
»Wir halten Segelfliegen für etwas ganz Wunderbares«, meint Fluglehrer Dr. Ulrich Wünsche zu den Beweggründen seines Vereins, den Steinheimer Realschülern die Chance zum Segelfliegen zu eröffnen. Es sei aber nicht nur die andere und vollkommen neue Perspektive, die sich dem Menschen aus der Luft eröffne. »Eine ganz wichtige Rolle spielt das Verantwortungsbewusstsein und der Teamgeist, weil sich jeder am Boden wie in der Luft bedingungslos auf den anderen verlassen können muss«, so die Erfahrungen des Fluglehrers.
Wer vom Hobby Segelflug einmal erfasst sei, komme davon kaum mehr los. Im LSV Egge (120 Mitglieder) gibt es Aktive, die seit mehr als 50 Jahren fliegen. Ein Vorurteil räumte Wünsche gleich aus, Segelfliegen sei nämlich kein Sport für Reiche.
Schon für wenige tausend Euro kann man Besitzer eines gebrauchten und voll flugtüchtigen Segelflugzeuges werden. Die regelmäßige Ausübung des Sports kostet dann weniger als eine Schachtel Zigaretten pro Tag. Segelfliegen sei entgegen weit verbreiteter Meinungen auch ein sehr sicherer Sport. In den 50 Jahren des LSV Egge gab es keinen einzigen gravierenden Unfall, eine »Notlandung« auf einem Acker mit einem Segler (Spannweite 15 Meter) gehöre zum Luftsport dazu.
Neben dem rein fliegerischen Können und Übungen mit den dazu gehörenden Starts und Landungen nimmt bei der aktuellen Ausbildung die Theorie einen breiten Raum ein, wie die Realschüler schon feststellten. Eine solche Ausbildung ist ab 14 Jahren möglich, nach den entsprechenden Prüfungen und Tests (vor allem der Gesundheit) sind bereits Alleinflüge möglich.
Die Befähigung dazu erwartet Dr. Wünsche schon nach Ablauf eines Jahres von den Teilnehmern der AG, die hoch motiviert sind und auch an den Wochenenden auf dem Segelfluggelände auftauchen, um bei den Starts und Landungen zu helfen. Die Arbeit geht in den Wintermonaten nicht aus, wenn die Flieger gründlich gecheckt und das theoretische Wissen gepaukt wird. Dazu gehören die Technik des Segelflugzeuges mit seinen Bauformen, die Wetterkunde, der Sprechfunk und die Navigation ebenso wie Wissen über das Luftrecht, das Verhalten in besonderen Fällen und das menschliche Leistungsvermögen im psychologischen und stressbedingten Bereich.
Mit der Entspannung in der Luft ist das übrigens auch so eine Sache. Weil ständig der Aufwind gesucht werden muss, beansprucht das Segelfliegen einiges an Kondition, was bei Streckenflügen zwischen 300 bis 700 Kilometern mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 Kilometern schon beachtliche Voraussetzungen erforderlich macht.

Artikel vom 28.10.2004