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Tausende Tonfiguren stellen
Weihnachtsgeschichte dar

Marktredwitzer Krippenweg überrascht mit »großer« Kunst

Würde Franz von Assisi heute noch leben, dann wäre er jedes Jahr Ehrengast in Marktredwitz. Denn dem katholischen Ordensgründer ist es der Überlieferung nach zu verdanken, dass es seit mehr als 750 Jahren Weihnachtskrippen gibt.
Weihnachtskrippen im Privatbesitz gab es zunächst an italienischen Fürstenhöfen, bevor sie im süddeutschen Raum bekannt wurden. Die größte Krippensammlung mit mehr als 200 Darstellungen besitzt das Bayerische Nationalmuseum in München.
Die oberfränkische Stadt nahe der deutsch-tchechischen Grenze ist seit 1989 zu einem Mekka der Krippenkunst geworden. Bis zum 6. Januar sind auf dem Krippenweg in Privathäusern, Kirchen und öffentlichen Einrichtungen die »Rawetzer Landschaftskrippen« zu bewundern. Richtige Kunstwerke sind es, und »große« noch dazu. Denn nicht nur Maria, Josef und das Jesuskind, umgeben von Ochs und Esel, sind zu sehen.
Zahlreiche Tiere wie Rehe, Hasen, Hirschen und Gämsen haben sich in der riesigen gebirgigen Umgebung eingefunden. Außerdem begegnen dem Betrachter Menschen in alpenländischer Tracht: Jäger, Sennerinnen und Holzknechte. Mehrere hundert Figuren und Dutzende von Häusern sind keine Seltenheit.
Die Krippe von Heinrich Dick, zum Beispiel, ist 60 Quadratmeter groß. Dass so ein Gebilde nicht an einem Tag aufgebaut werden kann, versteht sich selbst. »Ende September fangen wir meistens an, damit wir Mitte November fertig sind«, sagt Dick, der auch die Idee zum Krippenweg hatte. Die Kunstwerke müssen sehr sorgfältig aufgebaut werden, nichts soll schließlich zu Bruch gehen. Alle Figuren sind aus gebranntem, bemalten Ton, nach geschnitzten Darstellungen sucht das Auge vergebens.
Hergestellt wurden sie meist von heimischen Töpferfamilien. »Das war damals wohl preiswerter«, erklärt Heinrich Dick. Damals, das heißt teilweise vor bis zu 150 Jahren. So alt sind einzelne Figuren in Dicks Krippe. Die Blütezeit der Landschaftskrippen lag um 1900, bis zu 100 Einzelkrippen waren über die ganze Stadt verteilt - und das alles im evangelischen Marktredwitz. Gerade in protestantischen Gebieten war es früher oftmals verpönt, überhaupt Krippen aufzustellen.
Heinrich Dick hat die wahrscheinlichste historische Erklärung dafür parat, dass Marktredwitz aus der Reihe schert: »Die Handelsstraße von Prag nach Nürnberg verlief damals über Marktredwitz, und bei dem regen Warenaustausch sind wohl auch Krippenfiguren bei uns hängen geblieben.
Die Blütezeit ist lange vorbei, doch vielleicht kommt sie eines Tages wieder, so hofft jedenfalls Krippenbauer Dick: »Deutschlandweit gibt es schon eine richtige Fan-Gemeinde, Tausende von Besuchern kommen jedes Jahr nach Marktredwitz. Und in vielen Privathäusern schlummern sicher noch unentdeckte Schätze, die unseren Krippenweg bereichern könnten.«
www.marktredwitz.de

Artikel vom 24.12.2004