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Offizieller Backtag

Weihnachtsbrot war »Verschlusssache«

Der Thomastag am 21. Dezember galt früher als Backtag für die weihnachtlichen Schnitz-, Hutzel-, Kletzen- oder Birnbrote, die - heute meist unter dem Begriff »Früchtebrot« - in keinem Haushalt fehlen durften.

Alter Tradition folgend, wurden zunächst die Zutaten wie gedörrte Birnen, Äpfel, Zwetschgen und Nüsse in der so genannten »langen Nacht«, dem Vorabend des Thomastages, im Familien- oder Freundeskreis bei »Nachtwecken und Selbstgebranntem« klein geschnitten. Sie wurden mit Nelken, Zimt und Anis gewürzt und zu einem Teig verarbeitet. Erst am Thomastag selbst formten die Weihnachtsbäcker dann aus der klebrig-pappigen Masse verschieden große Brote und schoben sie zum Backen in den Ofen.
Waren die Brotlaibe abgekühlt, wurden sie bis Heiligabend oder bis zum Stephanstag am 25. Dezember in den unter Verschluss stehenden Vorratstruhen und -kisten verwahrt. Da den Früchtebroten - altem Volksglauben zu Folge - »die Fruchtbarkeit des ganzen Jahres innewohnte«, spielten sie in zahlreichen Bräuchen eine wichtige Rolle.
Wie es heißt, soll eine Hochzeit ins Haus gestanden haben, wenn sich der Teig beim Kneten ringförmig um die Finger legte. Gingen Bäuerin oder Magd mit ihren noch teigverklebten Händen in den Garten, um die Obstbäume zu umarmen, sollte dies dem künftigen Fruchtansatz dienlich sein. Ein gut aufgehender Teig galt als Glückszeichen, schlechte Zeiten erwarteten die Bäcker, wenn der Teig »sitzen blieb«.
Angeschnitten werden durfte das Weihnachtsbrot frühestens nach der Rückkehr von der Christmette. Jeder Hausbewohner erhielt eine Scheibe zum sofortigen Verzehr. Darüber hinaus standen allen Bediensteten eine bestimmte Anzahl kleiner Früchtebrote oder je nach Rang verschieden große Exemplare als Teil ihres Jahreseinkommens oder als Weihnachtsgabe zu.
Von Heiligabend bis zum Neujahrstag oder Dreikönig am 6. Januar ließ man das Hutzelbrot auf dem Stubentisch stehen, um jedem Besucher, der in dieser Zeit Glück- und Segenswünsche überbrachte, zum Zeichen der Gastfreundschaft ein Stück davon abzuschneiden. War die Tochter des Hauses im heiratsfähigen Alter, benötigte sie das Früchtebrot in eigener Sache: Hatte sie mehrere Verehrer und wollte sich noch nicht für einen bestimmten entscheiden, schenkten sie vorsichtshalber jedem ein kleines »Laiberl«.

Artikel vom 24.12.2004