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Auf Wehrlosen eingetreten

Zechkumpane verurteilt - »In diesem Lokal kann man nur saufen«


Herford (cl). Der 38-jährige Fliesenleger Ludwig A. (alle Namen geändert) kam am 7. Februar in der Gaststätte »Im Nest« zu Schaden: Der 31-jährige bosnische Bauhelfer Kazim N. schlug ihm einen schweren gläsernen Thekenaschenbecher, der nachgab und zersplitterte, auf den Schädel.
Als der Fliesenleger auf dem Boden lag, schlugen und traten Kazim N. und sein Begleiter, der arbeitslose Maurer Detlef A. (29), noch auf ihn ein. Die Platzwunde musste im Krankenhaus genäht werden, das Opfer war noch eine Woche arbeitsunfähig, stellte aber keine zivilrechtlichen Forderungen.
Langsam böte es sich an, beim nächsten Betriebsausflug der Herforder Strafrichter diese Kneipe als einen möglichen Zielpunkt zu wählen - zu oft war sie schon Schauplatz oder Ausgangspunkt von schweren Körperverletzungen. Alle Gäste waren mehr oder weniger sturzbetrunken, vom Wirt ist polizei- und gerichtsbekannt, dass er grundsätzlich nie etwas gesehen hat, nur die Thekenbedienung schilderte im vorliegenden Fall nach viel Zögern den Tathergang. Drei Zeugenaussagen charakterisierten das Lokalkolorit: »In diese Wirtschaft geht niemand, um Kaffee zu trinken.« »Dort gibt es überhaupt nichts zu essen.« »In dem Lokal kann man nur saufen.«
Der Alkohol war auch die einzige Erklärung für die Brutalität ohne jeden vorausgegangenen Streit im jetzt verhandelten Fall. Kazim A. entschuldigte sich wenigstens für das, was er noch wusste. Der Hiddenhausener Detlef A. verdankte schon zwei seiner drei Vorstrafen Gewaltakten, er hatte einfach die Chance genutzt, über einen Wehrlosen herfallen zu können. Beide Angeklagte wurden zu je zehn Monate und zwei Wochen mit Bewährung und 1500 Euro Geldbuße verurteilt, Detlef A. wird der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt.

Artikel vom 27.10.2004