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Zehn-Euro-Knöllchen fürs Falschparken

Rentner will nicht für »Planungsfehler« der Stadt büßen: Widerspruch gegen Verwarngeld

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Für Friedrich Noll ist es eine schreiende Ungerechtigkeit: Weil er nicht für »Planungsfehler der Stadt« büßen will, hat der streitbare Rentner den Bürokraten den Kampf angesagt. Dabei geht es eigentlich nur um eine Bagatelle - ein Zehn-Euro-Knöllchen wegen Falschparkens.

Noll wohnt gemeinsam mit 19 weiteren Hauseigentümern am »Kardinal-Bertram-Weg« in der Paderborner Stadtheide. Vor etwa zehn Jahren, erzählt er, sei die ca. 700 Meter lange Stichstraße mit dem bekannten blauen Schild zur verkehrsberuhigten Spielstraße gemacht worden.
Dass man in Spielstraßen generell nur auf eigens dafür gekennzeichneten Flächen parken darf, machte sicher keiner der Betroffenen bewusst. Zumal es markierte Parkboxen auch nicht gab. Weil die Fahrbahnbreite einen halben Meter zu schmal und daher nicht ausreichend sei, habe die Stadt keine Parkflächen ausweisen können, sagt Noll. So habe man es ihm zumindest bei der Verwaltung erklärt. Was aber im Prinzip niemanden interessierte. Jeder stellte seinen Wagen einfach an der Grundstücksgrenze ab.
Zehn Jahre lang war das verbotswidrige wilde Parken offenbar auch kein Problem. Bis ein junger Mann eines Tages sein Auto im Wendehammer parkte und ein städtisches Müllfahrzeug Probleme beim Wenden hatte. Der Fahrer alarmierte das Ordnungsamt. Dieses schickte eine Politesse, und die schrieb nicht nur das verkehrsbehindernd parkende Fahrzeug im Wendehammer auf, sondern verpasste auch allen anderen am Straßenrand stehenden Pkw ein Knöllchen wegen »Parkens im nicht gekennzeichneten Bereich«. Friedrich Noll war einer von etwa einem Dutzend Parksündern.
»Ich stand dort nur, weil ich gerade meine Garageneinfahrt mit dem Hochdruckreiniger sauber machen wollte«, entschuldigt er sich. »Aber mein Auto hat niemanden behindert, das Entsorgungsfahrzeug ist mühelos vorbei gekommen.«
Noll legte gegen das Verwarngeld Widerspruch ein, hatte zwei persönliche Gespräche bei der Stadt, zuerst mit dem zuständigen Mann im Ordnungsamt, später mit dem Beigeordneten Dieter Bartha. Erfolglos, die Beamten ließen nicht mit sich reden. »Sachargumente interessieren anscheinend niemanden«, ärgert sich Noll. Sein Widerspruch führte lediglich dazu, dass die Stadt aus dem Knöllchen von zehn Euro ein Bußgeld von 35,60 Euro machte.
Doch am nächsten Tag - welche Überraschung - erlebte der Bürger Noll ein kleines Wunder: Die Stadt Paderborn korrigierte ungefragt ihren Planungsfehler. Zwei Mitarbeiter rückten mit Pinsel und Farbe an und malten direkt vor Nolls Grundstück die Markierungen für zwei Stellplätze aufs Pflaster. Dort darf er jetzt parken, ohne dass ihm Ungemach droht.
Allerdings ist Friedrich Noll nun der einzige privilegierte Anlieger des »Kardinal-Bertram-Weges« mit Parkplatzmarkierungen vorm Haus. Die Nachbarn begehen weiterhin einen Verkehrsverstoß, wenn sie vor ihrem Haus in der Spielstraße ein Auto abstellen.
»Das ist doch mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbar«, schüttelt Noll verständnislos den Kopf. Die Fehler seien schon bei der Planung gemacht worden. »Wie kann man eine Straße so konzipieren, dass die Anwohner nicht mal motorisierte Besucher empfangen können.« Und dass er für die Kurzsichtigkeit der Stadtplaner bestraft werden soll, das verstößt gegen sein Rechtsempfinden. Noll will deshalb auch den Bußgeldbescheid nicht akzeptieren und vor Gericht sein Recht suchen.

Artikel vom 28.10.2004