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Vor 175 Jahren
erster Kreistag
einberufen

Dokumentation zum Jubiläum

Von Ruth Matthes (Text und Fotos)
Bünde/Kreis Herford (BZ). Ein kleiner Kreis von sechs Deputierten war es, der sich vor 175 Jahren im Herforder Rathaus auf dem Alten Markt zum ersten Kreistag traf. Dieses Jubiläum nahm Kreisarchivar Wolfgang Silger zum Anlass, eine Dokumentation über die Einberufung der ersten Kreistage in Herford und Bünde zu erstellen.

»Da das Jubiläum mit der Einberufung des neuen Kreistages nach der Kommunalwahl zusammenfiel, kam ich auf die Idee, für jedes Kreistagsmitglied und die scheidenden Abgeordneten ein Exemplar anzufertigen«, berichtet Silger. So tauchte er in das Magazin ein und grub die alten Akten aus. Im Mittelpunkt der Dokumentation stehen Transkriptionen der Protokolle der ersten Sitzungen in Herford (10. August) und Bünde (14. August).
Damals gab es nämlich auf dem heutigen Kreisgebiet noch zwei Landkreise. Zu dem weit größeren, dem Kreis Bünde, gehörten auch Enger, Spenge, Hiddenhausen, Löhne und Hüllhorst. Wie ein langes Band zog sich darunter der Kreis Herford von Jöllenbeck und Rehme hin. »Diese Grenzen galten von 1816 bis 1832«, erklärt Silger. »Da sich die Einteilung nicht bewährte, änderte man sie bald, so dass sie seit 1832 weitgehend der heutigen Struktur entsprach.« »Man« war hier der preußische Staat. In den Jahren 1815/1816 war die gesamte preußische Monarchie in Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise gegliedert worden.
Die Deputierten des ersten Herforder Kreistages setzten sich aus den Vertretern des 3. Standes, Bürgermeister Rose und Kaufmann Petermann aus Herford sowie Apotheker Dr. Doench aus Vlotho - als Vertreter des 3. Standes, der Städte -, und aus den Vertretern des 4. Standes, der Landgemeinden, zusammen. Letztere waren Colon (Großbauern) Kerckhoff aus Schwarzenmoor für den Wahlbezirk Herford, Colon Meyer Jost aus Laar für den Wahlbezirk Jöllenbeck und Oeconom Brune aus Exter für den Wahlbezirk Valdorf. Aus welchen Dörfern sich die ländlichen Wahlbezirke zusammengesetzten, ist in einem Dokument vom 21. Juni 1829 geregelt.
»Die städtischen Deputierten wurden von den Stadträten, die ländlichen von den Gemeinderäten und Bauerschaftsvorstehern aus dem Kreis der Grundbesitzer auf sechs Jahre gewählt. Die Heuerlinge erhielten erst 1841 das Wahlrecht«, erläutert Silger. Deputierte des 1. Standes, ehemals reichsunmittelbare Fürsten, und des 2. Standes, Besitzer der in der Ritterschaftsmatrikel eingetragenen Güter, gab es in Herford nicht: »Es existierten zwar die Güter Haus Heide und Stedefreund, doch deren Besitzer wohnten nicht im Kreis.«
Die Gestaltungsmöglichkeiten der Deputierten waren gering. »Sie hatten lediglich beratende Funktion. Ihr Zweck war es, die Kreisverwaltung und den vom König eingesetzten Landrat in Kommunalangelegenheiten zu begleiten und zu unterstützen.« Die Bünder Deputierten diskutierten in ihrer ersten Sitzung unter anderem über Methoden, die um sich greifenden Brandstiftungen einzudämmen. In Herford wurden lediglich die Anwesenheit der Deputierten überprüft, die Tagesordnung vorgetragen und die Ausschüsse besetzt - »wie das heute immer noch der Fall ist«.
Die gesetzliche Grundlage für die Einberufung der Kreistage war bereits im Juli 1827 geschaffen worden. »Seit 1808 gab es mit der Städteordnung eine gewisse Form der Selbstverwaltung, die nun auf die ländlichen Bereiche ausgeweitet werden sollte«, erklärt Silger. Im Laufe der Jahrzehnte wuchsen die Befugnisse der Deputierten. 1886 gab es eine neue Kreisordnung. Silger: »Damit wurden aus den staatlichen Kreisen Kommunalverbände, die mit eigener Kraft eigene Aufgaben wahrnehmen durften, so zum Beispiel den Bau von Kreisstraßen.«

Artikel vom 27.10.2004