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Wilder Westen nach DIN-Norm

Stadt betritt Neuland - Spielplatz am Neuen Kamp preisverdächtig

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle-Künsebeck (WB). Der Wilde Westen liegt in Künsebeck. Am Ufer des ausgetrockneten Flussbettes jagen sich junge Abenteurer. Kleine Indianerinnen spielen im Canyon »Mutter, Vater, Kind«. Und bald soll ein ganzes Tipi-Dorf aus Weiden entstehen. Gefährliches Land am Neuen Kamp - und ein bemerkenswertes Stück ganz junger »Künsebecker Geschichte(n)«.

Mit dem ungewöhnlichen Spielplatz, in dem 33 000 Euro der Timken-Spende stecken, wagt sich die Stadt Halle auf Neuland. So wie dieser sieht keiner sonst aus. Das ist schon jetzt zu erkennen. Doch die »Ideenwerkstatt Lebens(t)raum« hat erst im Sommer angefangen, mit den Künsebeckern und der Stadt, das »irre große Gelände«, wie Andrea Vahrenhorst es nennt, umzugestalten. Die Diplom-Sozial- und Umweltpädagogin und ihr Kollege Stefan Wrobel, der Planer für das 7 000 Quadratmeter große Grundstück, haben sich mit dem Neuen Kamp als »Projekt des Monats« beim Deutschen Kinderhilfswerk beworben. 500 Euro gibt es zu gewinnen. Aber viel wichtiger ist ihnen, »die Idee zu verbreiten«.
Eine Idee, die einige Bürger schon in den Anfängen überzeugt hat. Und für die sie selbst den Rücken krumm gemacht haben: Als der Bagger den Boden wie die Prärie im Ravensberger Hügelland zusammen geschoben hatte und hie und da Findlinge lagen, wuchteten Anwohner und Politiker tonnenschwere Eichenbalken für einen Balancierparcours, den es nirgends sonst auf der Welt gibt. Sie legten Hügelbeete und einfache Treppen an, damit Florian und Lennart, Pia, Christina, Melanie und ihre Geschwister und Freunde dort ein tolles Spielgelände haben.
Eines für die Kleinen, aber auch Stellen, wo die Größeren auf Streifzug gehen können. Und wo die ganz Großen demnächst zusammensitzen können, um vielleicht eine Friedenspfeife zu rauchen. »Der Freundeskreis« heißt ein Hochplateau, das mit Büschen und Bäumen bepflanzt werden soll.
Und es ist noch so viel geplant: Rodelberg und Himmelguckerwiese, Baumstammpalisaden und ein Pflanzenlabyrinth und vieles mehr. Gepflanzt wird demnächst. Damit die Sträucher das Gelände in Räume unterteilen und damit es verschwiegene Plätze gibt. Darüber freuen sich im Sommer sicher auch die Anwohner auf der Terrasse. Denn bei so viel Indianergeheule ist es schnell ein bisschen laut am Neuen Kamp.
Drei Hütten aus Holz, eine Nestschaukel für mehrere Kinder und eine überbreite Rutsche - das sind die einzigen fertig gekauften Spielgeräte. Und zwar nicht aus Geldmangel, sondern aus pädagogischen Gründen. Im naturnahen Gelände müssen die Kinder beim Toben aufpassen. Andrea Vahrenhorst: »Hier können sie stolpern lernen«. Damit die Gefahren kalkulierbar bleiben, hat man spitze Kanten bei Steinen entfernt, Holzstümpfe abgerundet, Fallhöhe und -schutz bedacht. Der TÜV-Gutachter hat den Spielplatz abgenommen. Künsebecks Wilder Westen entspricht der DIN-Norm 1176.

Artikel vom 26.10.2004