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Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrer Michael Krause, Südlengern


»Was lernen die Jugendlichen heutzutage eigentlich noch im Konfirmandenunterricht?« So bin ich schon häufiger von den Erwachsenen gefragt worden. Und sie haben oft - mit neidischem Blick auf die heutige Jugend - hinzugefügt: »Früher mussten wir viel mehr auswendig lernen!«
Manchmal frage ich zurück: »Und was haben sie von dem behalten, was sie gelernt haben?«
So mit einer Rückfrage konfrontiert zu werden, ist ein bisschen gemein. Auf den ersten Blick scheint es dann auch, dass nicht viel hängen geblieben ist. Doch das täuscht. Denn elementare und für das Leben wichtige Dinge hat jede und jeder noch im Hinterkopf.
So hat es vor kurzem auch wieder eine Umfrage zutage gefördert. Danach betrachten zwei Drittel der Deutschen die biblischen Zehn Gebote als verbindlich für ihr tägliches Leben. Jeder Zweite kennt das Gebot »Du sollst nicht töten«. Mehr als ein Drittel der Befragten konnte die Gebote »Du sollst nicht stehlen« und »Du sollst nicht ehebrechen« nennen.
Die Gebote als Wegweisungen zum Leben sind offenbar immer noch vertraut. Sie bieten Orientierung. Sie sind auch Fingerzeige dafür, wo etwas in unseren Tagen nicht richtig läuft. Das macht schon die Auswahl der drei Gebote deutlich, die durch die Umfrage hervor gehoben werden.
Im Konfirmandenunterricht gibt es immer wieder spannende Stunden zum fünften Gebot: »Du sollst nicht töten«. Die Jugendlichen haben ein deutliches Gespür dafür, wie wichtig diese Wegweisung für ihr Leben ist. Wenn sie von Krieg und Terror erfahren und Nachrichten über die Todesstrafe in anderen Ländern hören, dann kommen sie schnell ins Gespräch. »Wieso gibt es das alles, wenn man doch nicht töten soll?« fragen sie zunächst etwas ratlos. Doch dabei bleiben sie nicht stehen. »Wenn sich etwas daran ändern soll, muss das auch bei uns anfangen«, sagte mir einmal eine Konfirmandin. »Wir sollen anderen Menschen helfen, dass sie gar nicht erst in schlimme Situationen kommen.«
Martin Luther hat das fünfte Gebot in ähnlicher Weise erklärt: »Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem Nächsten keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und beistehen in allen Nöten.«
Die Älteren haben in ihrer Konfirmandenzeit die Erklärungen zu den Geboten noch auswendig lernen müssen. Das ist heute wohl eher die Ausnahme. Wichtig scheint mir aber zu sein, dass die Jugendlichen für sich einen Sinn in den Geboten entdecken, damit sie verbindlich für das tägliche Leben werden. Das kann im Gespräch bisweilen gut gelingen. Zum Beispiel im Gespräch mit den Erwachsenen, die ja - wie es die Umfrage zeigt - die Gebote noch im Hinterkopf haben.

Artikel vom 23.10.2004