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PKW-Studis drängeln
Bahnfahrer vom Gleis

Urabstimmung entscheidet über Semesterticket

Von Manfred Stienecke
Paderborn (WV). Für Studierende in Paderborn könnten Bus und Bahn schon bald empfindlich teurer werden. Eine Initiative will das preiswerte »Semesterticket« in einer Urabstimmung zu Fall bringen.

Voraussichtlich vom 9. bis 12. November werden die 13 600 Studenten der Universität darüber abstimmen, ob das vor elf Jahren eingeführte Ticket für den Nahverkehr fortgeführt oder aber eingestellt wird. Hintergrund der Initiative ist offenbar die Verteuerung des Bahnanteils. Derzeit kostet der Freifahrtschein für den öffentlichen Personennahverkehr 58,92 Euro pro Halbjahr. Pikanterweise beginnen am Montag wieder die Verhandlungen der Paderborner Studentenschaft (AStA) mit den heimischen Schienenverkehrsträgern - Regionalbahn, Nordwest-Bahn und Eurobahn - über die Konditionen für das Sommersemester 2005 und das Wintersemester 2005/06.
Das 1993 - damals zum Preis von 50,50 Mark - eingeführte Semesterticket ermöglicht den Studierenden, sechs Monate lang ohne weitere Kosten den öffentlichen Nahverkehr in einem Radius von gut 80 Kilometern zu benutzen. So liegen beispielsweise die Bahnhöfe in Osnabrück, Münster, Unna, Brilon, Warburg, Höxter und Minden im Netz des Paderborner Semestertickets.
Kostenlose Busbenutzung besteht für die Studenten im Bereich des Verkehrsverbundes Paderborn-Höxter (VPH), der von den Semestergebühren einen Anteil von gut 30 Euro erhält und diesen unter seinen Mitgliedsunternehmen aufteilt. Der VPH-Anteil steigt nach einer Vereinbarung mit dem AStA jährlich um den Prozentsatz, den eine normale Schülermonatskarte teurer wird.
Mit Sorgen blickt der neue AStA-Vorsitzende David Hamme (23, Grüne) auf die bevorstehende Urabstimmung, die mit einem Unterschriften-Quorum von zehn Prozent der Studierenden beantragt worden ist. »Wir können nur hoffen, dass der Antrag keine Mehrheit findet«, hält er das Semesterticket für eine unverzichtbare Verkehrsvariante. »Wir sind eine vor allem regional angebundene Hochschule, viele unserer Studenten kommen aus dem Umland«, befürchtet Hamme, dass für viele Studenten der Anreiz zum Studium in Paderborn wegfällt, wenn das günstige Pendeln nicht mehr möglich ist. »Sollte das Semesterticket wegbrechen, wäre das ein großer Verlust für die Uni und die Stadt.«
Zu schaffen macht den Befürwortern des günstigen Semestertickets eine offenbar größere Zahl von Studierenden, die mit dem Privat-PKW zur Uni fahren und deshalb auf Busse und Bahnen nicht angewiesen sind. Auch sie müssen nämlich den Semester-Zwangsbeitrag für den öffentlichen Nahverkehr entrichten - also für etwas zahlen, das sie gar nicht in Anspruch nehmen. Nach einer AStA-Umfrage benutzt nur ein Drittel der Studierenden das Semesterticket regelmäßig für die Fahrt zur Universität.
Bedroht wäre nach einem »Kippen« des Semestertickets möglicherweise auch die von den »Pader-Sprintern« bediente Uni-Linie zwischen dem Hauptbahnhof, der Universität und der Fürstenallee (Fachbereich Mathematik/Informatik). Sie wird voll aus den Erlösen des studentischen Zwangsbeitrags für den Nahverkehr finanziert.

Artikel vom 22.10.2004