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Die Tragödie
von Hezingen

Nazi Dirk Jan Kip verriet Flüchtlinge

Rheda-Wiedenbrück/Oldenzaal (WB/js). Auf dem Hof des Bauern Gerard Evers in Hezingen vor den Toren Oldenzaals spielte sich vor fast genau 60 Jahren ein menschliches Drama ab, das den Niederländern unvergessen bleibt.

Der einsam gelegene Bauernhof war während des 2. Weltkriegs Versteck für alle, die vor der deutschen Besatzungsmacht - vor allem vor dem deutschen Geheimdienst - untertauchen mussten. Bauer Evers mit dem Decknamen »De Paus« (der Papst)« nahm sie alle auf und versteckte sie auf dem Heuboden und in einem Abwasserraum, der nur durch eine Luke vom Kuhstall her erreichbar war. Die jüdische Familie Menco fand dort ebenso ein geheimes Unterkommen wie die örtlichen Widerstandskämpfer. Unter dem Geheimcode (»Ga zo door, mija jongen« (»Mach so weiter, mein Junge«) warfen die Alliierten Waffen auf dem Heidegrundstück ab, das zum Hof gehörte. Auf einem Kartoffelwagen versteckt wurden die Waffen abtransportiert und an die Widerstandskämpfer verteilt.
Es wäre alles gut gegangen, wenn nicht Dirk Jan Kip, ein 20-jähriger Niederländer, fanatischer Nationalsozialist und Anhänger der niederländischen NSB (National-sozialistische Bewegung), hinter das Geheimnis gekommen wäre und das Versteck verraten hätte. Der Hof wurde umzingelt und die elf Menschen, die in Hezingen ihre Zuflucht gefunden hatten, verhaftet. Auch Mitglieder der Familie Evers führte man ab, und die übrig Gebliebenen mussten sich verstecken. Ein Fluchtversuch der Festgenommenen wurde vereitelt, einer der Fliehenden erhielt einen Schuss in die Lunge.
An der Stelle am Kuiperberg in Oldenzaals Nachbardorf Ootmarsum, wo der Jude Menco und seine drei Söhne, die durch den Verrat von Dirk Jan Kip in die Hände der Nazis gefallen waren, am 7. Oktober 1944 erschossen wurden, liegt heute ein Findling mit einem Text, der auf die Tragödie von Hezingen aufmerksam macht und die Erinnerung wachhält. Wie die Oldenzaaler Zeitung Tubantia vermerkte, wurde das traurige Ereignis ausführlich dokumentiert, unter anderem auch vom Historischen Kreis Vasse und Hezingen.
Dirk Jan Kip wurde nach dem Krieg verhaftet. Sein Prozess erregte viel Aufsehen. Dabei kam auch der Überfall auf einen anderen Oldenzaaler Bauernhof zur Sprache, bei dem Kip dem Flüchtenden in den Rücken schoss und ihn tödlich verletzte. »15 Jahre Gefängnis« lautete damals das Urteil.

Artikel vom 23.10.2004