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Das Wort zum Sonntag

Von Pater Markus Vergeer, Marienmünster


Wie einfach ist es doch, »missionarisch« zu sein!
Da steht eine Familie vor einer Kirche und das Kind fragt den Vater: »Papa, was ist das für ein Haus?« Der Vater antwortet: »Das ist eine Kirche.« - »Was macht man da?«, will das Kind wissen. Darauf antwortet der Vater: »Das musst Du Opa fragen.«
Ein keineswegs frei erfundenes Gespräch unserer Tage. Wenn wir etwas über die Religion wissen wollen, müssen wir die Alten fragen, die wissen das noch, wenn überhauptÉ
Das Hirtenwort der Deutschen Bischöfe zum Missionssonntag am 24. Oktober 2004 beginnt mit dem Satz, der diese unsere Situation gut beschreibt: »Wir sind Missionsland geworden«.
Die Bischöfe zitieren hier den Jesuiten Alfred Delp, der diese Feststellung bereits 1941 traf. Sicherlich war unser Land 1941 in einer anderen Situation als heute und deshalb klingt und wirkt der Satz unterschiedlich, damals und heute.
Eine Begebenheit aus heutigen Tagen: Schwester Mary Usha aus Indien, war völlig überrascht, als sie kürzlich von ihrer Gemeinschaft in Indien aus zur Missionierung nach Europa gesandt wurde. Alles sträubte sich in ihr: »Nach Europa, dort missionieren? Von dort sind doch die vielen Missionare seiner Zeit zu uns gekommen. In Europa gibt es doch ein Christentum, von dem wir nur lernen können!« Schwester Mary Usha ist jetzt u. a. für einen Exerzitienkursus vom 25. bis 30. Oktober als Referentin im Gästehaus des Klosters Brede in Brakel vorgesehen.
Es fällt mir ein fast prophetisches Wort zu unserer jetzigen Situation ein, das der bekannte Dogmatikprofessor und spätere Bischof von Mainz Hermann Kardinal Volk bereits Anfang der 70-er Jahre sagte: »Es kommt die Zeit, da werden Menschen aus Indien zur Missionierung zu uns kommen.«
Ich selbst habe in diesem Jahr einen sechstägigen Exerzitienkursus bei dem indischen Vinzentiner Joseph Bill miterlebt. Es waren überaus gesegnete Tage für 120 teilnehmende Personen. Die Frage, ob es schwer ist, zu glauben, stellt man sich immer weniger, wenn man den Glauben übt zusammen mit anderen Menschen. Dieses Üben braucht jeder Mensch: der einfachste Christ, wie der Papst -Êalle gleichermaßen!
Denn auf die Frage, ob es schwer sei, Papst zu sein, antwortete Papst Johannes XXXIII einmal: »Nein. Ich muss nur dort hinschauen, wo es brennt!« Das ist ein Wort der Stärke aus dem Glauben.
Ebenso wie die über 80 Jahre alte Frau, die auf der Bettkante ihres Krankenzimmers mir gegenübersitzt mit Tränen in den Augen über ihre Krankheit und ihr Alter - und dennoch froh bekennt: »Was haben wir für einen wunderbaren Glauben! Wenn ich den nicht gehabt hätte, wär' ich schon nicht mehr hier!«
Deshalb denke ich als Seelsorger so oft: Wie einfach ist es doch, »missionarisch« zu sein! Die Bischöfe sagen in ihrem Hirtenbrief »Die Lebensgestaltung aus der Kraft des Geistes Gottes ist der nachhaltigste missionarische Dienst« und weiter: »Christen, die mitten im Lebensalltag geistliches Profil zeigen (...) lassen auch heute aufhorchen.« -ÊGeistliches Profil zeigen -Êwie geht das?
Das Leben in Gottes Gegenwart, das Staunen über die Schöpfung, die Freude über die frohe Botschaft, die Geduld und beständiges Vergeben, das Leben in Reinheit gestalten, das tägliche Kreuz seines Leidens in der »guten Meinung« darbringen für die Ausbreitung des Gottesreiches. Alle, alle ohne Ausnahme haben wir eine missionarische Berufung, hier im Kreis Höxter!
Möge Deutschland deshalb ein »Missionsland« genannt werden, weil es so viele Menschen verstanden haben, Missionare des Inlandes geworden zu sein. Denn: Wie einfach ist es doch, »missionarisch« zu sein!

Artikel vom 23.10.2004