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Bürger nutzen Korruptions-Hotline

279 Hinweise in sechs Monaten - Erwartungen des LKA übertroffen

Von Christian Althoff
Düsseldorf (WB). Sechs Monate, nachdem das Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf eine Hotline für Hinweise auf Korruption eingerichtet hat, hat LKA-Direktor Wolfgang Gatzke gestern eine erste positive Bilanz gezogen.
LKA-Direktor Wolfgang Gatzke ist zufrieden.
»Unsere Erwartungen sind übertroffen worden«, sagte Gatzke dem WESTFALEN-BLATT. Unter der Nummer 0800/5677878 (bei Telefonen mit Buchstabentasten 0800/KORRUPT) hätten sich seit April 279 Hinweisgeber gemeldet. 94 hätten mutmaßliche Korruption in der öffentlichen Verwaltung angezeigt, 32 Hinweise hätten sich auf Bestechung im geschäftlichen Verkehr bezogen. Die übrigen Hinweise hätten unterschiedlichste Bereiche betroffen.
LKA-Sprecher Frank Scheulen ergänzte, dass sich die Anzeigen auf drei Schwerpunkte konzentrierten: »Das Beschaffungswesen, das Baugewerbe und die Speditionswirtschaft.« Konkrete Fälle wollte Scheulen nicht nennen, da die Ermittlungen noch liefen.
Scheulen begründete den Erfolg der Hotline damit, dass Anrufer unmittelbar mit einer auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Beamtin verbunden seien. »Diese Kollegin steckt tief in der Materie und kann geschilderte Sachverhalte sofort vorläufig bewerten und entscheidende Nachfragen stellen.« Das sei für Hinweisgeber einfacher, als wenn diese sich bei ihrer örtlichen Polizeidienststelle erst nach dem zuständigen Sachbearbeiter durchfragen müssten.
Einen anderen Weg, Hinweise auf Korruptionsstraftaten zu erlangen, hat das niedersächsische Landeskriminalamt gewählt. Auf der Homepage des LKA (www.lka.niedersachsen.de) können Zeugen ihren Verdacht auf einem Formular eingeben - und zwar garantiert anonym. LKA-Sprecher Frank Federau: »Durch eine zertifizierte Verschlüsselungsmethode wird sichergestellt, dass niemand den Hinweisgeber ermitteln kann. So wird auch die IP-Adresse des Absende-Computers nicht registriert.« Der entsprechende Server steht in einem Hochsicherheitstrakt der Telekom, dem auch die Deutsche Bank ihren sensiblen Daten anvertraut.
Im Gegensatz zu gewöhnlichen anonymen Briefen hat das niedersächsische Modell für die Polizei einen entscheidenden Vorteil: Jeder Hinweisgeber kann sich auf der LKA-Homepage ein anonymes Postfach einrichten, über das die Polizei Kontakt mit ihm aufnehmen kann - etwa, um Rückfragen zu stellen oder den Anzeigeerstatter über die Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten.
456 anonyme Hinweise sind bislang in Hannover eingegangen, 269 wurden als relevant eingestuft. Zehn Prozent davon bezogen sich auf mutmaßliche Korruptionsdelikte in Nordrhein-Westfalen.
Zur Qualität der Hinweise sagte Federau, dass es keinesfalls nur um kleine Fische gehe: »Die Kollegen ziehen manchmal schon die Augenbrauen hoch, wenn sie die Anzeigen lesen.« So habe es Hinweise auf einen Sparkassendirektor gegeben, der die Firma seiner Frau mit Aufträgen versorgt habe, oder eine Anzeige gegen den Beamten einer Bezirksregierung, der von einem Unternehmen zur Jagd eingeladen worden sein soll - als Dank für amtliche Gefälligkeiten.

Artikel vom 22.10.2004