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Beamte sind nicht faul

Die Reform geht an Realitität vorbei


Zu dem Beitrag »Bei Beamten zählt künftig die Leistung«:
Die Überschrift suggeriert eine allgemeine Faulheit der Beamten und ist »dem Volk aufs Maul geschaut«: Endlich müssen auch diese Personen Leistung bringen! Eine längst überflüssige Reform wird auf den Weg gebracht; nur leider wohl wieder mal an der Realität vorbei. Ich kann nur eine Zielrichtung erkennen: die Kosten für die Beamten weiter zu senken ohne Rücksicht darauf, dass es gerade die Beamten waren, die in letzter Zeit massive Einbußen verkraften mussten, Kürzung des Weihnachtsgeldes, Streichung des Urlaubsgeldes, Erhöhung der Wochenarbeitsstunden und vieles mehr.
Wegfall des Verheirateten-Zuschlages, das bedeutet Senkung des Gehalts. Wegfall des Alterszuschlages kann nur bedeuten: Senkung des Gehalts. Aber demgegenüber steht die Leistungszulage von 10 Prozent, die ja jeder bekommt, der halt nur Leistung bringt. Sicherlich wird die Regierung ein Konzept erarbeiten, um unbürokratisch festzustellen, wer denn nun Leistung erbringt...
Da ist der eine Lehrer, der schier verzweifelt, weil er eine Klasse hat mit Schülern aus sozialen Randgruppen, und der andere Lehrer, der eine weniger komplizierte Klasse hat. Beide leisten gute Arbeit, wer bekommt dann die Leistungszulage? Da sind die Polizisten, die Tag und Nacht, rund um die Uhr, arbeiten, oder die Sachbearbeiter in den Ermittlungskommissariaten, die zwischenzeitlich in Papierbergen ersticken, aufgrund des beinahe täglichen Personalabbaus.
Wer will denn nun entscheiden, wer 90 Prozent bzw. 110 Prozent Gehalt bekommt? Jeder Beamte soll eingestuft werden, welch ein bürokratischer Aufwand! Und welch ein innerdienstlicher Ärger ist vorprogrammiert, wenn gute Leute plötzlich 90 Prozent Gehalt bekommen, weil der Chef einer Dienststelle möglicherweise eine Leistungsquote einzuhalten hat, die ihn verpflichtet, nur wenigen die 110 Prozent zu bescheinigen und mindestens so vielen auch die 90 Prozent. So aber wird es kommen - wegen der Zielrichtung, siehe oben. Wären die Politiker doch wenigstens ehrlich!
Und die Gewerkschaften sagen zu allem »ja, danke«.
MARTIN BREUER
33619 Bielefeld

Artikel vom 22.11.2004