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Die Globalisierung nutzen

OWL auf dem Weg zur Innovations- und Exportregion


Von Bernhard Hertlein
VX investiert in der Ukraine.
XY plant ein Werk in China.
YZ »geht nach Polen«.

Ausgerechnet. Dabei hatten doch gerade diese Unternehmen noch vor kurzem in aller Öffentlichkeit ihre Standorttreue betont. Aber auch auf den Lokalpatriotismus der Unternehmer ist heute kein Verlass mehr.

Wirklich nicht?

VX investiert in der Ukraine, um Zulieferteile, die das Unternehmen bisher am Markt teurer eingekauft hat, nun selbst zu produzieren.
XY plant ein Werk in China, weil sein Hauptkunde dort ein Werk errichtet hat.
Und YZ? Diese Firma wird überhaupt nicht in Polen produzieren. Stattdessen baut sie dort ein Lager, um von der sich abzeichnenden großen Nachfrage aus Osteuropa besser profitieren zu können.

In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sind viele Industriearbeitsplätze aus Ostwestfalen-Lippe ins Ausland verlagert worden. Häufig - aber nicht immer - trieben die niedrigeren Lohnkosten und vielleicht auch die niedrigeren Gesetzeshürden die Unternehmen aus dem Land. Das hat zu dem Vorurteil geführt, dass die Globalisierung immer zu Lasten der heimischen Standorte gehen muss.

In Wirklichkeit kann die Globalisierung ebenso gut für den heimischen Standort genutzt werden. In fast allen Branchen stagniert doch der angestammte Heimatmarkt -Êund das schon seit dem Ende des Wiedervereinigungsbooms. Außerhalb Deutschlands aber brennen viele Menschen beispielsweise in Mittel- und Osteuropa nur so darauf, sich langgehegte Konsumträume endlich erfüllen zu können. In diesem Zusammenhang bedeutet Globalisierung sicherlich keine Gefahr, sondern bringt im Gegenteil allen Unternehmen neue Absatzchancen - also auch den deutschen.

Darüber, wer bei den Kunden die Nase vorn hat, entscheidet in Deutschland häufig der Preis. Da haben deutsche Hersteller mit deutschen Löhnen und Produktionskosten im Vergleich zur Konkurrenz schlechte Karten. Die Situation ändert sich, wenn sich die Unternehmen durch Neuheiten, Zusatzfunktionen und Extra-Dienstleistungen, durch ein Mehr oder Anders ihrer Produkte - eben durch Innovationen abgrenzen.

Ach was, heißt es nun wieder bei den Skeptikern. Jede Innovation ist doch in Windeseile als Blaupause rund um die Welt. In diesem Wettrennen haben wir doch keine Chance . . .

Wirklich nicht?

Beim berühmten Wettrennen zwischen dem Hasen und dem Igel gewinnt das Stacheltier nicht wegen seiner langen Beine, sondern durch Cleverness. Die Ostwestfalen und Lipper sind auf dem Weg, so etwas wie die klugen Igel Deutschlands zu werden. Wie in der Statistik des Patent- und Innovationszentrums in Bielefeld nachzulesen, steigt die Zahl der Patentanmeldungen aus OWL seit einigen Jahren, während sie im gesamten Land Nordrhein-Westfalen zurückgeht. An erster Stelle unter denen, die ihre Entdeckungen sichern lassen, stehen keine Wissenschaftler im Elfenbeinturm, sondern erfolgreiche Unternehmen. OWL weiß um die Bedeutung des Scharniers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Nicht zufällig werden die Forderungen der hiesigen Wirtschaft und Politik nach einem eigenen Fraunhofer-Institut in der Region gerade jetzt immer lauter.

Da passt es gut ins Bild, dass auch die Exportquote in Ostwestfalen-Lippe inzwischen von Jahr zu Jahr steigt. OWL hat da - im Vergleich zum Bundesgebiet und zu NRW - noch etwas aufzuholen. Aber OWL ist dabei, seine Chancen besser zu erkennen und zu nutzen. Belegt wird das an vielen Stellen in dieser »Wirtschaftsbeilage«.

Artikel vom 05.03.2005